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BEKÖMMLICHES LICHT

LITERATUR-KRITIK

Der fünfte Roman von Dorit David im Querverlag trägt einen durchaus nach Aufmerksamkeit heischenden Titel: LICHTGIER. Doch wer oder was giert hier nach Licht und nicht zuletzt bekommt diese Person es auch?

Wirklich Klarheit zu diesen Fragen verschafft einem auch der Klappentext nicht, doch lässt er schon mal einen ersten Blick auf die Geschehnisse zu. Aber die Frage nach dem Licht wird auch hier nicht ausgeleuchtet.

Die Geschichte:

Valentin, ein Toter in einer ausgebrannten Gartenlaube in Prenzlau ruft die Polizei auf den Plan. Mehrere Lauben fielen in letzter Zeit einem Feuer zum Opfer, jedoch kam nun erstmals ein Mensch zu Schaden. Valentin hinterlässt drei sich entfremdete erwachsene Kinder: Peggy, Laborantin mit einigen Neurosen ausgestattet, Bärbel, die immerwährend um Beherrschung und Eintracht ringende Therapeutin und Wolfgang, von der Covid Pandemie aus dem Sattel gehobener Werbefachmann.

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Die ungeklärten Umstände von Valentins Tod rufen mehrere weitere Personen auf den Plan:

Den echten Brandstifter der Brandserie, der gern geklärt hätte, dass er kein Mörder ist. Eine prominente Immobilien-Maklerin, der die Brände in die Karten zu spielen scheinen, da die Laubenanlage auf einem wahren Filet-Grundstück am See steht. Darüber hinaus findet sich bald ein Kaufvertrag für ein Grundstück in Polen, welches demnach zu einem lächerlich geringen Wert von einer anderen Maklerin zurückgekauft werden kann. Diese hat dann wohl auch Geld von Valentin erhalten.

Schlussendlich Till, Schauspieler und Wolfgangs Ex. Er lebt in der Wohnung von Valentin als Untermieter. Wobei sich Valentin durchaus nicht im Klaren war, in welcher Beziehung Till und Wolfgang standen.

Hat Valentins Ableben möglicherweise mit dem esoterischen Zirkel zu tun, innerhalb dessen Lichtgemeinschaft das Grundstück in Polen liegt, das er erworben hat? Dort wird die Fähigkeit gelehrt, sich rein von Licht zu ernähren. Der Senior hat in den letzten Jahren aber auch mit Hilfe seines Untermieters das www für sich entdeckt. Steckt hinter dem Todesfall vielleicht doch ein Chatkontakt aus der neu erworbenen Internetaffinität?

Als die Polizei den Kindern nicht schnell und tief genug ermittelt, nehmen sie als Familie selbst die Lupe in die Hand und ermitteln.

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Während der Titel mit dem Bestandteil „Gier“ ja grundsätzlich auch sowas wie einen Sog impliziert, übt dieses Buch keinen wirklichen Sog aus. Zwar nimmt die Autorin uns Leser*innen direkt mal mit in eine völkische Gruppierung und führt von da aus auch zum Brand in der Laube, stellt uns aber auch klar die Herausforderung aufmerksam zu lesen. Anschaulich sind ihre Schilderungen, klar ihre Charaktere, auch die ermittelnden Beamt*innen geraten in den Fokus und so nimmt natürlich nicht nur die Ermittlung ihren Lauf.

Es wird dazu der Gegensatz des amtlichen „ausermittelt“ und dem emotionalen Anspruch von Angehörigen „da muss man doch was tun“ wirklich schön dargestellt. Für beide haben wir Verständnis, für die Beamt*innen wie auch die Angehörigen.

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Die etwas überspannten Ermittlungsaktionen der Familie erscheinen durchaus reell, wirken allerdings an der ein oder anderen Stelle leicht ausgedacht. Den Beziehungen der Beteiligten untereinander haftet auch immer wieder ein Hauch von Konstrukt an. Der irgendwie aus der Realität gefallene Lichthof der esoterischen Gemeinschaft in Polen setzt dem ganzen dann keine Krone sondern eher einen Dachstuhl auf. Über die Herleitung der beiden leitenden „Lichtgestalten“ in das „wahre Leben“ decken wir dann auch lieber den Mantel des Schweigens. In dieser Gestalt könnte es sich auch einfach um eine Folge einer Vorabend-Krimi-Serie eines öffentlich-rechtlichen Senders handeln, die auf Buchlänge gebracht wurde.

Unterhaltsam, immer wieder spannend und doch vorhersehbar… meint mensch. An einigen Stellen nimmt die Geschichte dann allerdings einen anderen Lauf und bleibt so wirklich recht lebhaft.

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Ein Buch, das man zwar gern mal für den Spaziergang mit dem Hund an die Seite legt, danach ein paar Minuten braucht, um wieder reinzukommen. Wer dieses Buch lesen möchte, sollte nicht auf easy-reading aus sein. Hier wird Aufmerksamkeit und auch eigenes Denken erwartet.

Ein fabelhafter Anspruch, der Dorit Davids LICHTGIER zwar ein wenig sperrig, aber doch auch lesenswert macht. Und wer, wie ich, die vorherigen Bücher von Dorit David aus dem Querverlag nicht kennt, wird durch diesen Roman auf jeden Fall neugierig auf ihre älteren Werke. Vielleicht bestell ich mir da ja mal was. 

Frank Hebenstreit

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Dorit David: Lichtgier (Opens in a new window); 304 Seiten; Broschur; ISBN: 978-3-89656-353-8; Querverlag; 18,00 €

Topic Belletristik & Literatur

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