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Was Olaf Scholz für die Lausitz getan hat

ANALYSE / BUNDESTAGSWAHL 2025 IN DER LAUSITZ

Oft war der Bundeskanzler in der Lausitz. Doch mit dem Ja zum Kohleausstieg hat die SPD die Sympathien der Kohle-Arbeiterschaft verloren. Bei der Wahl am Sonntag wird sich zeigen, ob die Lausitz an die Transformation glaubt, für die Olaf Scholz wirbt.

von Christine Keilholz

  1. Februar 2025

Sozialdemokratische Industriepolitik sorgt nicht mehr automatisch für Freude. Olaf Scholz im Januar 2024 im Cottbuser Bahnwerk. Foto: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang
Sozialdemokratische Industriepolitik sorgt nicht mehr automatisch für Freude. Olaf Scholz im Januar 2024 im Cottbuser Bahnwerk. Foto: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang

Beim Bürgergespräch (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Anfang Februar in Cottbus sagte Olaf Scholz (SPD): „Vielleicht hätte ich die Koalition früher beenden sollen.“ Dann wäre die Bundestagswahl jetzt schon absolviert. Und mancher Besuch des Bundeskanzlers in der Lausitz wäre wohl nicht mehr zustande gekommen. Diesmal war Scholz gekommen, um die Wahlkreis-Inhaberin Maja Wallstein zu unterstützen. Die 38-jährige hat diesmal einen schwereren Kampf als 2021, als sie mit 28 Prozent gewann. 

Die jüngste Umfrage sieht die SPD bei 17 Prozent. Noch hat die SPD alle drei Wahlkreise in der brandenburgischen Lausitz inne. Eine starke Hausmacht in der industriell geprägten Lausitz können die Sozialdemokraten aber seit der Landtagswahl im September nicht mehr für sich beanspruchen. Da konnte sich im ostdeutschen Braunkohlerevier nur ein SPD-Kandidat gegen die AfD-Konkurrenz durchsetzen. Nicht einmal Ministerpräsident Dietmar Woidke konnte seinen Wahlkreis verteidigen. 

Der Kanzler, der nicht weit entfernt in Potsdam wohnt, hat deshalb nicht eben ein Heimspiel, wenn er in die Lausitz kommt, um das Bahnwerk oder eine Universität zu gründen. Oder zuletzt um einen Rüstungsdeal abzusegnen. Dass er all das aber machen konnte, beweist die Schlüsselrolle der Lausitz für die Ampel-Regierung und für Scholz selbst. 

Sympathien verloren 

In der Lausitz konzentriert sich, was die Bundespolitik ausmacht, von der Energiewende bis hin zur Friedenspolitik, die unter Druck geraten ist. Die Region, die vom Kohleausstieg besonders betroffen ist, ist zentral für die energiepolitische Zukunft Deutschlands. Die Umwälzungen in der Industrie, wo die SPD bis vor Jahren noch ihre verlässlichen Unterstützer fand, sind in fast jeder Stadt zwischen Luckau und Zittau mit Händen zu greifen. 

Ebenso spürbar sind die Folgen einer Industriepolitik, die noch nicht recht weiß, wie sie mit dem Wandel umgehen soll. Mit ihrem Ja zum Kohleausstieg „idealerweise bis 2030“ hat die SPD in der Kohle-Arbeiterschaft viele Sympathien verloren. Die einst verlässlichen Unterstützer suchen sich neue politische Kanäle, um ihre alte Rolle zu behaupten. Oftmals bei der AfD. Scholz zeigte mit seinen Besuchen Sensibilität für die strukturellen und wirtschaftlichen Besonderheiten der Region, er warb stets für den Wandel und dessen Chancen. 

Er hob die Bedeutung der Lausitz als Modellregion für die Transformation hervor. Etwa im Sommer 2022, als bei der BASF in Schwarzheide die Prototypanlage für das Batterie-Recycling in Betrieb ging. Das größte IPCEI-Projekt südlich von Berlin beweist, welche Bedeutung die Lausitz und die deutsche Industrie auch unter umweltfreundlichen Bedingungen haben können. BASF Schwarzheide steht als zweitgrößter Industriebetrieb der Lausitz weniger im Fokus als die Braunkohle, macht aber mit wegweisenden neuen Produktionslinien von sich reden. 

Bahnwerk und Uni eröffnet 

Auch bot die Lausitz dem Bundeskanzler Gelegenheiten, Neues zu eröffnen. Mitte 2024 war es die Medizin-Universität in Cottbus, deren Gründung in nur zwei Jahren beschlossen und durch alle Bundes-Gremien hindurch genehmigt worden war. Anfang 2024 ging Europas modernstes ICE-Instandhaltungswerk an den Start. 

Das Bahnwerk ist einer der größten Erfolge der SPD in Brandenburg. Einerseits wurde das eigenwillige Staatsunternehmen Bahn mit viel Nachdruck zu dieser Investition im Osten praktisch verdonnert. Zum anderen wurde die lange befürchtete Schließung des alten Cottbuser Bahnwerks verhindert. 

Ähnliches gelingt wahrscheinlich auch in Görlitz, wo das Bahnwerk zwar nicht länger Waggons herstellt - aber immerhin weiter produzieren kann. Der Termin Anfang Februar mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in dessen Heimatstadt wurde aber kein Hochamt für den Kanzler. Denn der Anlass war ein heikler. Der Rüstungskonzern KNDS will an der Neiße künftig jene Panzer namens Leopard 2, Puma und Boxer herstellen, die Scholz‘ SPD nach hartem Ringen mit sich selbst nun doch an die Ukraine liefern will. 

Panzerdeal in Görlitz abgesegnet 

Sowohl vor dem Alstom-Werk in Görlitz als auch vor dem Cottbuser Bahnwerk ein Jahr zuvor wurde Kanzler Scholz mit Protesten empfangen. Die bewährte sozialdemokratische Industriepolitik löst nicht mehr automatisch Freude aus. In Cottbus schafft die Bahn 1.200 Industriearbeitsplätze - aber umliegende Unternehmer fürchten die Konkurrenz durch einen übermächtigen Arbeitgeber. In Görlitz forderten Rüstungsgegner von der Bundesregierung, dass das Waggonwerk weiterhin Waggons produziert. 

Beide Male ging Olaf Scholz der direkten Begegnung aus dem Weg. In Cottbus ließ der Kanzler die versammelten Bauern und Kleinunternehmer einfach stehen. Ihnen hätte er einiges erklären können. Auch sie profitieren davon, dass der Bund viel Geld für Forschung und Infrastruktur in der Lausitz ausgibt. 

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