tag eins: Rechtsextreme „Jagd“ auf Migrant*innen in Spanien und Zölle
Hallo!
Heute ist wieder tag eins. Du liest deinen täglichen Nachrichtenüberblick.
Heute wird es ein bisschen philosophisch. Denn ich habe heute beim Schreiben etwas reflektiert: Je nach dem eigenen Zugang bzw. dem persönlichen Hintergrund verändert sich die persönliche Betroffenheit bei einem bestimmten Thema. Und auch die Medien und ihre Berichterstattung tragen dazu bei, wie viel Betroffenheit jeweils ausgelöst wird.
Ein Beispiel: Gewalt gegen Personen mit Migrationsgeschichte löst im Diskurs oft viel weniger Emotionen und Aufruhr aus als Gewalt, die von Personen mit Migrationsgeschichte verübt wird. Das hängt möglicherweise auch mit psychologischen Konzepten wie Priming und Framing zusammen. Ich empfehle dazu die Lektüre des Klassikers Politisches Framing der deutschen Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Den Anstoß für diese Gedanken findest du bei den heutigen Nachrichten.
DIE DREI THEMEN DES TAGES
1. Was passiert mit den Zöllen?
Irgendwie ist er in den USA verpufft, der von Donald Trump groß als „Tag der Befreiung“ angekündigte 2. April. Der US-Präsident meinte damit, dass er den angeblich üblen Handelspraktiken anderer Länder ein Ende setzen werde und mit hohen Zöllen die US-Wirtschaft „befreien“ werde. Doch statt Befreiung herrscht Chaos.
Trump entschied sich, die individuellen Zusatzzölle für einzelne Länder für drei Monate auszusetzen und verlangte stattdessen einen globalen Basis-Zoll von zehn Prozent. Nun ist aber die Dreimonatsfrist ausgelaufen und am 1. August soll es dieses Mal ganz sicher wirklich losgehen mit den Straf-Sätzen. Seit Samstag steht ein neuer Wert im Raum, mit dem Trump in die Verhandlungen mit der EU in den nächsten zwei Wochen einsteigen will: 30 Prozent zusätzlich sollen es sein – ein extrem hoher Wert, der vereinfacht gerechnet zum Beispiel dafür sorgen würde, dass wegen der Zölle ein Volkswagen, der 2024 noch 50.000 Dollar in den USA kostete, nun 70.000 Dollar kosten würde. Da kann man sich ausmalen, wie das den Verkauf verändern würde.
Die EU und Deutschland setzen weiter auf Verhandlungen, Finanzminister Lars Klingbeil kündigte laut Deutsche Welle (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) aber auch an: „Wir werden nicht alles mitmachen“. Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte gestern, dass eigentlich für heute geplante Gegenzölle vorerst ausgesetzt werden, mehr beim Spiegel (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Generell glauben Ökonom:innen ohnehin, dass die Zölle nicht wie behauptet die US-Wirtschaft stärken werden, vor allem nicht, weil er sie vollkommen chaotisch einführt. Stattdessen dürften der Konsum in den Vereinigten Staaten sinken, der Welthandel erlahmen und die Unsicherheit zum Standort USA deutlich zunehmen. Unternehmen brauchen lange, um Produktionskapazitäten zu verlagern und das ständige Hin und Her in Trumps Politik macht Investitionen dort kaum planbar und sehr viel unattraktiver.
Die DW (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) beschreibt auch, was passieren könnte, falls es keine Einigung mit Brüssel gibt und welche Handelschancen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) sich durch Trumps Politik für die EU und China eröffnen.
2. Zusammenstöße nach angekündigter „Jagd“ auf Migrant*innen in Spanien
In der spanischen Kleinstadt Torre-Pacheco ist die Lage in den Nächten am Wochenende immer wieder eskaliert. Letzte Woche soll es zu einem mutmaßlichen Angriff von migrantischen Personen auf einen Pensionisten gekommen sein. Bilder davon wurden in den Sozialen Medien geteilt, auch gefälschte Videos seien im Umlauf. Bei einer von der Stadtregierung organisierten Demonstration gegen den Vorfall wurden dann rechtsextreme Parolen gerufen.
In Folge sollen sich rechtsextreme Gruppierungen über Telegram-Gruppen zu einer „Jagd“ auf Migrant*innen verabredet haben, wie laut orf.at (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) auch von den örtlichen Behörden bestätigt wird. Im marokkanischen Viertel der 40-Tausend-Einwohner-Stadt ist es in den vergangenen Nächten immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremen und Bewohner*innen gekommen. Berichtet wird von Flaschenwürfen, brennenden Barrikaden aus Müllcontainern und Pyrotechnik. Die Polizei habe ein direktes Aufeinandertreffen bisher verhindern können, trotzdem gebe es fünf Verletzte und eine Festnahme.
Die in Spanien erfolgreiche rechtspopulistische Partei VOX soll Mitverantwortung für die Eskalation tragen, sie schüre Hass und Fremdenfeindlichkeit, wird die Regierungsbeauftragte für die Region Mariola Guevara in der spanischen Zeitung El Pais (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) zitiert. Denn die Mehrheit der beteiligten Personen sei von außen für die Ausschreitungen nach Torre-Pacheco gekommen.
Auch in Österreich ist es in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg rechtsextremistischer Straftaten gekommen, wie ein Bericht des Innenministeriums (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) aus dem Frühjahr zeigt. Ein kürzlich erschienenes Dossier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung liefert außerdem eine spannende Einordnung der Thematik Migration und Kriminalität.
3. Rat-auf-Draht-Notruf Tag: Mehr finanzielle Mittel für Telefondienst gefordert
Rat auf Draht (147) (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) ist eine kostenlose Telefon-Hotline, die als erste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in Not dient. Am heutigen Rat-auf-Draht-Notruftag, dem 14.7. wird um finanzielle Unterstützung für das Projekt geworben, denn über 50 Prozent der Finanzierung des gemeinsamen Angebots des ORF und der NGO SOS Kinderdorf stammen aus Spenden.
Bereits seit 1987 leistet Rat auf Draht jungen Menschen Hilfe und Unterstützung. Bis zu 40.000 Beratungen führt die Hotline, die inzwischen auch als Chat verfügbar ist, im Jahr durch. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Anrufe angestiegen, vor allem eine höhere psychische Belastung, Einsamkeit und Zukunftsängste beschäftigten die Anrufenden, wie etwa Der Standard (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) berichtet. Vor allem der Amoklauf in Graz hat zu einem erhöhten Aufkommen geführt, viele Kinder und Jugendliche benötigten Unterstützung bei der Bewältigung von Angst.
DIE DREI TIPPS DES TAGES
1. Österreichische Recherche des Tages
Er soll sich übergriffig gegenüber Patientinnen verhalten und eine von ihnen öffentlich bloßgestellt haben. Zusätzlich sieht er sich mit Vorwürfen körperlicher und seelischer Gewalt im familiären Umfeld konfrontiert. Trotzdem kann ein österreichischer Gynäkologe weiterhin ungehindert praktizieren. Das hat das investigative Magazin Dossier aufgedeckt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), nun wurde das Gesundheitsministerium in dem Fall aktiv (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
2. Krautreporter-Artikel des Tages
Der Historiker C. N. Parkinson entdeckte vor 60 Jahren ein „Gesetz“, das bis heute gilt. Ein wichtiger Faktor: das Ego der Angestellten. Den Text von Krautreporter-Kollegin Rebecca Kelber kannst du hier lesen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
3. Fundstück des Tages
Passend zum Thema des heutigen Newsletters hat der deutsch-französische Fernsehsender ARTE eine Doku-Reihe zum Thema Rechtsextremer Terrorismus im Internet produziert. Die erste Folge von (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)„World White Hate (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)“ zeigt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), wie sich rechtsextreme Terrorist*innen weltweit vernetzen. Es werden immer mehr junge Menschen im digitalen Raum radikalisiert. Die Rechtsextremen propagieren Gewalt und rekrutieren neue Anhänger über Social Media oder verschlüsselte Dienste wie Telegram. Ihre rechtsextremen Ideologien verbreiten sich über das Internet.
Wird sich beim nächsten Regenguss die Doku-Reihe vollständig anschauen:
Emil

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