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Wochenplannewsletter #43

Geliebte Pod-Nation!

Newsletter-Einleitungen. Brauchen wir sie wirklich? Ja, der wohlerzogene Newsletter will nicht mit dem Charme einer Hausdurchsuchung in der Inbox landen. Aber ist eine ausführliche Einleitung nicht ein bisschen wie zu viel Smalltalk im Büro des Chefs, bevor er endlich sagt, warum er das Meeting überhaupt angesetzt hat? Ist es nicht auch geradezu erfrischend, wenn ein Newsletter nicht erst über das Wetter redet, bevor er endlich damit rausrückt, warum er überhaupt an der Tür geklingelt hat? Dieser Newsletter sagt: Ja! Aber er sagt auch nein, denn indem er das thematisiert, hat er schon eine Einleitung geliefert. Das ist das Enigma des Newsletters, dass er einerseits nichts zu sagen hat und dennoch etwas sagen muss. Und es ist zufällig auch so, als hätte Microsoft-Chef Satya Nadella die Einleitung zu diesem Newsletter geschrieben (Öffnet in neuem Fenster)

Über Berührung

Nochmal, wegen der Schweinchen. Die aus “Assassin’s Creed: Shadows”. Ich will nicht nochmal betonen, wie süß die waren. Aber: das waren sie. Mir kam da nochmal was in den Sinn, als ich mit Denkerstirn am Fenster stand und sinnierend Richtung Horizont blickte: Warum eigentlich immer nur die Schweinchen? Die Kätzchen, die Hunde… aber selten…nie…Menschen?

Die Rede ist von physischem Kontakt in Videospielen, der nicht auf Verletzung aus ist. In modernen Spielen lautet die Antwort auf die Frage: “Kann ich die Katze streicheln?” inzwischen zuverlässig “Ja!”. Aber wenn es um andere Menschen geht, dann scheint jede Berührung unterhalb eines Dropkicks bei dem der Unterkiefer wegfliegt irgendwie verzichtbar zu sein. Warum eigentlich? 

Das Meme "They're the same picture" zeigt ein Bild von einem Schweinchen aus Assassin's Creed Shadows und einem Dropkick aus Dying Light 2 mit der Frage, was der Unterschied zwischen den beiden Bildern sei. Die verdutzte Angestellte aus "The Office" kann keinen Unterschied erkennen.
Spieleentwickler: Ein Symbolbild

“Ja, Andre, weil halt auf die Fresse hauen ist ja das Gameplay…”, entgegnet nun ein ausgedachter Stichwortgeber, und das verstehe ich schon. Aber es ist ja nicht so, dass alle Spiele generell auf zwischenmenschliche Beziehungen komplett verzichten. Spiele wie “Mass Effect” und “Baldur’s Gate 3” legen sogar sehr viel Wert auf “Romanzen” im Spiel. 

Sogar in “Call of Duty” durften wir immerhin schon “F” drücken, um unseren Respekt auszudrücken und dabei die Hand auf den Sarg eines gefallenen Kameraden legen, aber keine F-Taste der Welt legt unsere Hand auf eine Schulter oder löst eine Umarmung aus. Man möchte meinen, auch die männlichsten Elitesoldaten trösten sich vielleicht mal gegenseitig an der Front. 

Noch deutlicher wird’s bei den Romanzen in Spielen, die oft - nicht immer, aber oft - sekunden nach dem Ende der unweigerlichen Sex-Szene das Handtuch werfen und abschalten. “Du hast sie/ihn in die Kiste gekriegt! Hurrah!”, sagt das Spiel und es breitet sich betretenes Schweigen aus. Die Lichter sind angegangen, die Party ist aus, der Spieler steht immer noch da. “Was will er denn noch?”, murmelt ein Entwickler, der sich enttäuscht über seine Spieldatenauswertung beugt. Selten finden sich Spiele, die den bloßen Gedanken erfassen können, dass wir ja gerade erst den Anfang einer Beziehung erreicht haben und es vielleicht schön wäre, die Ingame-Liebschaft tatsächlich auch ein bisschen leben zu können. Pärchen im echten Leben küssen sich tatsächlich im Alltag immer wieder. Einfach so. Halten Händchen, umarmen sich, schlafen im gleichen Bett ohne Sex zu haben… will sagen: Da spielen sich unvorstellbare Dinge ab! Zumindest, so scheint es, für den durchschnittlichen Gamedesigner.

Als ich dann mal googlen wollte, in welchen Spielen man romantischen Ingame-Partnern tatsächlich mal eben einen Kuss auf die Wange setzen kann, bevor man die nächste Ork-Horde metzelt, las ich dann übrigens einen überraschenden Titel: “Dragon Age: Inquisition”. Nun kann ich mich nicht mehr erinnern, ob das stimmt. Was ironisch ist, denn in den Anfangstagen des Podcasts machten die ersten circa 20 Leute im Forum Witze darüber, würde man uns nach der Uhrzeit fragen, würden wir entweder “Fallout 4” oder “Dragon Age: Inquisition” referenzieren. Falls das stimmt, ist das umso kurioser, denn in “Dragon Age: Veilguard” geht das nicht. Und GOTTVERDAMMT, WIE KANN DAS BITTE SEIN? Ausgerechnet Zuckerwatte-Veilguard, das Spiel, bei dem jedes Mission-Briefing zur Gruppentherapie geriet, hat hier einen Rückschritt gemacht? Genauso übrigens - scheinbar, schreibe ich überall dazu, denn meine Rechercheanstrengung war sehr überschaubar - einige frühere Harvest-Moon-Titel. Bei denen, so las ich, war früher auch wenigstens ein Küsschen hier, ein Küsschen da möglich. Wurde in neueren Ausgaben aber entfernt. 

Zwei küssende Charaktere aus Harvest Moon
Höchste Zeit, dass diese kranke Scheiße aus Spielen verbannt wurde!

All das, während Spiele ansonsten ja immer wieder versucht haben, das taktile Element stärker zu betonen. Sei es, wenn ich in Thief 2014 zärtlich die Wände abtaste, die Rückkehr von Kratos’ Axt mit einem herzhaften Kamera-Shake gefeiert wird, ein Soldat in “Gears of War” sich herzhaft in Deckung rutscht oder ich in “Silent Hill 2” so richtig ins Klo greifen darf. 

Mir ist schon klar - denn ich rede nicht von Cutscenes, Cutscenes zählen hier nicht - eine “Kuss”- oder “Umarmung”-Funktion kann kein frei verfügbares Feature sein. Sonst würden die Spieler von “GTA 6” die ersten zwei Monate nach Release damit zubringen, die Bevölkerung von Vice City durchzuknutschen anstatt ihnen ins Gesicht zu schießen und wo kämen wir denn da hin, was sollen denn die Leute sagen? Aber soll mir doch keiner erzählen, dass wir nicht immer wieder freundschaftliche und romantische Beziehungen in Spielen präsentiert bekommen, wo das gut hinpassen würde. In einer Zeit, in der ich jedes freilaufende Ferkelchen streicheln kann, muss da doch was möglich sein, sage ich! Spiele, sagt man ja, zeichnen sich durch die Interaktion aus. Warum nicht die Zwischenmenschliche?

The Pod: Backstage

Wir spielen gerade in ganz viele unterschiedliche Richtungen, von Crusader Kings 3 (duh) über das Oblivion Remaster über Death Stranding 2 bis hin zu kleinen Schnuckeligkeiten wie dem Indie-Game “Leap Year”, das uns im Rahmen unserer Reihe “Wie findet ihr?” empfohlen wurde. 

Nach mehreren Wochen umgeben von Bohrern, Hämmern, Schleifgeräten und Hochdruckreinigern aller Größen und Formen, habe ich (Andre) zudem quasi eine Fortbildung zum Thema “Störgeräusche und Schwellenwerte” genossen. Durch eine Mischung von Tests und schmerzlichen Erfahrungen habe ich ein gutes Ohr entwickelt, wann die Schwelle von “das kriegen moderne Geräuschfilter weg” hin zu “diese Aufnahme ist für die Tonne” überschritten wird. Und tatsächlich liegt diese Schwelle höher, als man vielleicht denken würde. Hier zahlt sich aus, dass wir uns früh für Headsets entschieden haben, die sonst eher im Bühnenbereich zum Einsatz kommen. Die schlucken schon sehr viel Umgebungsschall weg, so dass auf der Tonspur nur ein Bruchteil des mich umgebenden Baulärms zu hören ist. Den Rest kriegen moderne Algorithmen erstaunlich gut in den Griff. Dennoch kann es immer mal wieder vorkommen, dass es im Hintergrund hämmert oder ähnliches. Sorry dafür. 

Eines der größten, kleinen Probleme des Podcasterlebens ist es, wenn man den Entschluss fasst, einen Gast-Star für irgendein Thema aufzutreiben. Als Sebastian allein Richtung “Death Stranding 2” aufgebrochen ist, da dachten wir: Naja, wir haben ja viel Zeit, weil er wird ja sehr lange spielen müssen. Ärgerlicherweise dreht sich aber das Leben anderer Menschen immer noch nicht allein um unseren Podcast, unsere Terminwünsche oder ganz generell um uns. Daher können wir hier lediglich festhalten: Wir hoffen, es wird in naher Zukunft eine Besprechung von “Death Stranding 2” geben, aber wir wissen noch nicht wann. 

Das Rätsel zum Sonntag

Wie ihr alle richtig erkannt habt, war das letzte Rätsel zum Sonntag weniger Leuchtturm und mehr Täuschkörper (Öffnet in neuem Fenster). Das wird auch dieses Wochenende vielleicht ähnlich laufen, je nachdem, wie sich das Thema Gastsuche entwickelt. Nach unserer aktuellen Planung jedoch, ist dieser Hinweis hochgradig korrekt: 

Stellt euch vor, ihr seid ein eher unerfahrener Spieleentwickler und wollt euren ersten Titel auf den Markt bringen. Ein Branchenveteran legt väterlich den Arm um eure Schultern, rückt seine Brille zurecht und holt tief Luft. Was sagt er euch?

Soviel für dieses Mal! Euch allen alles, alles Gute und eine exzellente Woche!

Eure Pod-Crew

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