Newsletter - dein kreativer Journaling Kurs #2

Wie fange ich (wieder) an mit dem Schreiben?
Auszüge aus einem Dialog mit einer Klientin
Liebe Sina,
früher habe ich so gern Tagebuch geschrieben. Es war mein sicherer Ort – ein Raum nur für mich, in dem ich alles loswerden konnte. Gedanken, Gefühle, Fragen, Träume. Aber irgendwann ist etwas passiert, das mir diesen Ort genommen hat: Es gab Andeutungen und „Insiderwissen“ meiner Eltern, die darauf hindeuteten, dass sie mein Tagebuch gelesen hatten – ohne mein Wissen, ohne meine Erlaubnis. Und plötzlich war alles falsch. Ich habe mich bloßgestellt gefühlt und war mir meiner eigenen Worte nicht mehr sicher. Überhaupt fühlte sich das Schreiben unsicher an. Seitdem blockiert mich etwas. Ich sehne mich oft nach dieser Verbindung zu mir selbst, die ich damals durchs Schreiben hatte. Aber sobald ich anfange, spüre ich Misstrauen. Ich zensiere mich selbst, schreibe nichts Echtes mehr auf. Ich merke, wie sehr mir das fehlt – dieses sortierende, entlastende, ehrliche Schreiben. Aber ich weiß nicht, wie ich wieder dorthin komme.Vielleicht kannst du mir helfen, den Zugang zurückzufinden.
Herzliche Grüße
Jana*
Liebe Jana,
ich danke für deine vertrauensvollen Worte – beim Lesen musste ich lächeln, denn auch ich habe das Schreiben schon in meiner Kindheit, aber erst recht in meiner Jugend als Raum erlebt, der mir geholfen hat mit dem Leben und seinen vielen Herausforderungen klarzukommen. Ich spüre beim Lesen, wie kostbar dir das Schreiben war, aber auch wie tief der Vertrauensmissbrauch durch deine Eltern für dich war, dass er dir so etwas Wichtiges nehmen konnte. Es ist absolut nicht richtig, was deine Eltern da getan haben: Ein Tagebuch sollte ein Safespace sein und auch von den Eltern oder dem Partner respektiert werden. Ich vermute, dass es für dich hilfreich und klärend sein kann, diesen Vorfall mit deinen Eltern aufzuarbeiten, wenn du das noch nicht getan hast. Ich habe einige Kindheits- und Jugendkonflikte im Erwachsenenalter (vor allem mit meiner Mama) aufgearbeitet und das als wohltuend und „Knoten-lösend“ empfunden. Ich würde dir gerne davon berichten und mit dir gemeinsam überlegen, unter welchen Voraussetzungen eine Aufarbeitung sinnvoll sein kann und wann es einfach nur ausreichend oder sinnvoll ist, für dich ganz persönlich Schritte der Heilung zu gehen (…)
Unser Gehirn ist ein Wunderwerk in Sachen Selbstschutz und sorgt mit etlichen Mechanismen dafür, dass wir uns sicher fühlen – nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Wenn wir eine bedrohliche Erfahrung machen (und wenn wir das Gefühl haben, dass jemand, dem wir tief vertrauen dieses Vertrauen missbraucht und unsere intimsten Gedanken liest IST das in der Tat bedrohlich), speichert unser Gehirn das ab. Nicht nur als Erinnerung, sondern auch als Warnsignal für die Zukunft. (…) Und alles, was wir als sozial-emotionale Gefahr erlebt haben (Bloßstellung, Demütigung, Ablehnung) löst einen Alarm in uns aus, der zukünftig immer wieder dazu führt, dass unsere Amygdala hyperwachsam reagiert. Das erklärt, warum du dich selbst zensierst, sobald du anfängst, deine Gedanken aufzuschreiben: dein System hat gelernt, dass Offenheit und das Aufschreiben von Gedanken potenziell gefährlich ist und auf der Beziehungsebene tief enttäuschend. (…) Wir können also kognitiv wissen, dass niemand (mehr) mitliest – und trotzdem emotional blockiert sein. Deine Blockade ist eine Schutzintelligenz, keine Schwäche – sie zu würdigen und anzuerkennen, kann der erste Schritt sein, um dich offen zu machen für neue Erfahrungen. Wie das Schritt für Schritt funktionieren kann, möchte ich dir im Folgenden gerne zeigen (…)

Schreibblockaden, die uns daran hindern, anzufangen
Wer mit dem Schreiben anfangen will, sieht sich oft zahlreichen Blockaden oder inneren Einwänden gegenüber, die uns daran hindern, „einfach“ anzufangen. Gründe für die eigenen Blockaden und Ängste zu kennen kann ein wichtiger Schritt sein für innere Heilung – und vielleicht sogar eine erste konkrete Journaling-Erfahrung. Welche typischen Schreibblockaden gibt es und was versteckt sich unter Umständen hinter ihnen?
Die Angst vor der Bewertung oder Entwertung
Ein typischer Einwand der inneren Stimme bzw. des inneren Kritikers kann sich so anhören: „Was, wenn das jemand liest und denkt ich sein dumm/schwach/seltsam?“ Dahinter können frühe Erfahrungen von Abwertung oder Mobbing stecken, vielleicht auch Abwertung in der Schule, wenn deine kreativen Aufsätze mit schlechten Noten bedacht worden sind. Leistungsdruck oder ein überkritisches Umfeld, in dem wir aufgewachsen sind, kann dazu führen, dass wir bei allem, was wir tun, immer das Gefühl haben, es müsste gewissen Ansprüchen genügen. Und wir sind ja nicht blöd: Etwas, was uns als wohltuend verkauft werden soll, aber im Vorfeld schon so kritische innere Stimmen auf den Plan ruft kann ja nicht wirklich gut sein. Die Auswirkung während des Schreibens kann sein, dass wir uns selbst zensieren – aus Angst, falsch zu fühlen oder nicht schön oder gar „peinlich“ zu schreiben.
2.Perfektionismus
Hier kann deine innere Stimme so klingen: „Es liest sich nicht eloquent genug“, „Meine Schrift ist so hässlich“, „Ich sollte doch mindestens eine ganze Seite täglich schaffen“, „Ich habe gestern schon genau das gleiche geschrieben, das ist doch langweilig“, „Jetzt habe ich gar keine guten Lösungen formuliert, sondern nur rumgejammert. Das ist doch nicht wirklich nützlich!“ Überhöhte Selbstansprüche (besonders wenn wir mit dem Journaling anfangen wollen und uns extra einen hübschen, neuen Kugelschreiber oder ein teures Leder-gebundenes Journal zulegen) haben ihren Grund meistens in internalisierten Stimmen von Eltern oder Lehrern, die uns mitgegeben haben „Streng dich gefälligst mal an – das kannst du doch besser“. Der Schreibbeginn wird immer wieder verschoben oder abgebrochen, sobald das Geschriebene nicht mehr unserem Selbstansprüchen genügt. Das Schreiben wird zur Prüfung statt zu einer Entlastung

Angst vor den eigenen Gefühlen
Deine innere Alarmstimme sagt dir: „Ich habe Angst vor dem, was da hochkommt, wenn ich ehrlich schreibe. Vielleicht möchte ich gar nicht schwarz auf weiß lesen, was mich belastet, sondern es lieber wegschieben und vergessen!“ Grund für diese Sorge sind unverarbeitete Emotionen, möglicherweise Traumata oder starke Belastungen, die wir aus Selbstschutz gelernt haben, wegzuschieben. Das Schreiben kann Türen öffnen, die wir bisher bewusst verschlossen gehalten haben und ein kleiner Teil in uns weiß das und sagt „besser nicht“. Wir weiten unsere vermeintlich sichere Vermeidungstaktik auf das Schreiben aus – manchmal auch unterbewusst.
Wir haben Angst, dass unser Geschriebenes belanglos ist
Deine innere Stimme sagt „Mach dich nicht wichtig – schreiben, das tun doch nur die Menschen, die das auch können“, „Wen interessiert das? Das ist doch banal und unwichtig. In Tagebüchern sollten relevante und interessante Details stehen“. Der Grund für diese Form von Blockade ist manchmal ganz allgemein auf ein geringes Selbstwertgefühl zurückzuführen und das permanent begleitende Gefühl, dass andere die Dinge so viel besser machen als wir! Erlebte Unsichtbarkeit, fehlende Ermutigung und Glaubenssätze, die uns klein halten, haben vermutlich unser ganzes Leben begleitet. Beim Schreiben empfinden wir diese Blockade als innere Leere, unsere Gedanken kreisen, aber keiner fühlt sich wert genug an, aufgeschrieben zu werden. Das Schreiben kommt nicht in den Flow, weil jeder Satz kritisch unter die Lupe genommen wird.

Überforderung durch zu viele Gedanken, die wir nicht schaffen, auf den Punkt zu bringen
Diese „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll“ Gedanken haben oft Menschen, die unter zu großem Mental Load leiden, Menschen mit AD(H)S oder starkem inneren Druck, der mit dem Gefühl von Reizüberflutung einher geht. Schreiben fühlt sich dann an wie ein Stau im Kopf, als wenn alles zu viel ist und das Chaos zu groß, um es strukturiert zu bändigen.
Man findet keine passende Schreibstruktur oder -form
Es gibt unterschiedliche Weisen, wie man mit dem kreativen Schreiben oder dem Journaling anfangen kann, dennoch geht es vielen Menschen so, dass sie scheinbar nicht das richtige für sich finden. Sie sagen „Ich will schreiben, aber ich habe keine Ahnung, wie“. Die Ursache könnte in fehlender Anleitung liegen oder darin begründet sein, dass Anleitungen, Tools oder Ideen fehlen, die man einfach mal ganz zwanglos ausprobieren kann. Das Bedürfnis das Schreiben für sich mal auszuprobieren ist zwar da, aber ohne Einstiegshilfe fühlt sich die Aufgabe „freies Schreiben“ zu diffus sein.
Für letzteres kann euch empfehlen, einfach in den kommenden Wochen dabei zu bleiben und den wöchentlichen Journaling Kurs zu lesen, der euch im Freitags-Newsletter erreicht. So verschieden und verschieden tiefgreifend Schreibblockaden sein mögen – hier für euch einige Tipps, die eine Art universelle Erste Hilfe sein können gegen unterschiedliche Schreibblockaden. Versuch doch mal diese Impulse:

A) Freies Schreiben mit Zeitlimit: Stelle einen Timer auf 5-7 Minuten und schreibe ohne abzusetzen alles, was die in den Sinn kommt, auch so seltsame Dinge wie „Ich weiß gerade nicht, was ich schreiben soll“ oder „Irgendwie kommt mir das hier ohne Struktur zu idiotisch vor“. Kein Bewerten, kein Zurücklesen, einfach schreiben. Lese auch nach dem Schreiben den Text nicht prüfend durch, sondern markiere dir nur einen Satz, den du wichtig oder überraschend fandst.
B) Versuche es mit einer Vergewisserung vor dem Schreiben, dass du in Sicherheit bist. Gibt entweder dem Gedanken Raum (du kannst das atmend meditieren) „Ich schreibe für mich. Niemand wird das jemals lesen oder bewerten, was ich schreibe“. Wiederhole innerlich diesen Gedanken, bis du dich ruhig genug fühlst, um anzufangen. Optional kannst du für mehr Sicherheit auch einen verschlüsselten Schreibort verwenden: eine Passwort-gespeicherte Datei oder ein echtes Versteckt für dein Tagebuch, das dir sicher vorkommt.
C) Schreibe dich an Impulsfragen entlang – manchmal fällt es uns leichter, Fragen zu beantworten, als so ganz ohne Orientierung anzufangen. Hier sind für das Wochenende 5 Reflexionsfragen für dich: 1. Wann in deinem Leben hast du dich frei gefühlt, einfach zu schreiben? Was hat dazu beigetragen? 2. Welche innere Stimme oder welche Glaubenssätze halten dich davon ab, einfach loszuschreiben – und wem könnte diese Stimme ursprünglich gehört haben – Eltern? Lehrern? 3. Was befürchtest du, könnte passieren, wenn du dich beim Schreiben ganz ehrlich machst? Welche Ängste kommen hoch? 4. Was wünschst du dir vom Schreiben? - jenseits von Leistung oder dem Gefühl, es „gut machen“ zu wollen? 5. Gibt es einen Teil in dir, der gerne schreiben würde, aber sich gerade noch nicht sicher fühlt? Was bräuchte dieser Anteil in dir?
Manchmal berühren unsere Schreibblockaden tiefere Erfahrungen von Scham, Kontrollverlust oder sehr alten Prägungen. Wenn du dir bei der Auseinandersetzung mit diesen tiefgreifenderen Fragen Begleitung wünschst, möchte ich dir meine psychologische Beratung per Email gerne ans Herz legen: Du wirst Klarheit bekommen darüber, was in dir wirkt, wofür dir vielleicht aktuell noch die Worte fehlen. Du betrittst einen geschützten Raum, der innere Knoten lösen wird, damit du dich selbst wieder spüren und sehen lernst. Du bekommst persönliche und auf dich zugeschnittene Impulse für deine nächsten Schritte, Heilung, Wachstum und Erblühen. Wenn du magst, buche deinen Zeitslot für nächste Woche, ich freue mich, von dir zu lesen.
Klicke hier www.dein-seelenkompass.de/ (Öffnet in neuem Fenster)
Bis nächste Woche! Deine Sina
