„Wir wollen nicht, dass ihr aufhört“
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Heute: eine Erfolgsgeschichte.
Hallo!
„Komm’sch mit?“, fragten die Kommilitonen auf dem Weg zum Uni-eigenen Hafen. Das Leben am Bodensee wirkte manchmal wie ein nie endender Urlaub. Katamaran-Segeln nach dem Statistik-Seminar, dann Tannenzäpfle unter Platanen. Die Alpenluft strömte über den See in meine Lungen, mein Weg mit dem Fahrrad führte am Seeufer entlang zu einer von Deutschlands wenigen Campus-Unis. Im Herzen des vielarmigen Komplexes aus den Siebzigern lag eine Bibliothek mit zwei Millionen Bänden, die 24 Stunden geöffnet hatte. Man konnte sich hier sehr gut konzentrieren.
„Wenn ich den See seh’, brauche ich kein Meer mehr“
Ein bisschen zu gut für meinen Geschmack. Konstanz war (und ist) liebreizend, wohlriechend, aber leider ab vom Schuss. Ich hatte den starken Eindruck, einiges zu verpassen. Das Internet war vor gut zwanzig Jahren langsam und noch nicht so wichtig. Wichtig waren – mir jedenfalls – die Zeitungen. Ich plante schließlich, sie selbst einmal vollzuschreiben. Und sie waren die Verbindung zu aufregenderen Welten. Per Post kamen Studi-Abos für Süddeutsche, Economist, Spiegel Reporter, Zeit. Nur die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung musste ich Woche für Woche bei einem Kiosk direkt am Seeufer holen.
Die FAS war mir zu konservativ, aber auf keinen Fall verpassen wollte ich das Feuilleton, das luxuriös, kühn und anders war. Das Ressort ließ seine Autoren Persönlichkeiten sein (Frauen gab es nur wenige). Sie verwendeten sogar das Wort „ich“ in ihren Texten, damals anderswo verpönt. Die Namen kannte ich alle, natürlich auch den von Nils Minkmar. Ich las jeden neuen Text von ihm, er schrieb wie niemand sonst.
Und jetzt stelle man sich mein Erstaunen vor, dass ich an meiner Fuchs-und-Hase-Uni ein Blockseminar entdeckte zum Thema Medienjournalismus, angeboten von eben jenem Minkmar. Er sagt heute, ich sei zu spät gekommen, schüchtern gewesen und entsprechend wortkarg. Ich erinnere mich nur, dass ich einfach alles spannend fand, was er über die für mich sehr weite Welt des Journalismus zu sagen hatte. Etwas später, schon in Berlin, verhalf er mir zu einem Praktikum in seiner Redaktion. Dort lernte ich fürs Leben – auch, dass ich im Feuilleton nichts zu suchen hatte.
Was bisher geschah
Inzwischen freue ich mich jeden Sonntag auf Nils’ Steady-Newsletter „Der siebte Tag“ (Öffnet in neuem Fenster), der für seine Leser:innen eine ähnliche Rolle einnimmt wie die Sonntagszeitung früher: Abstand nehmen, in Ruhe reflektieren, erzählen von Deutschland, Frankreich, Europa. Dazu ein Rezept mit Huhn. Die Umwälzungen unserer Branche haben ihn von Chefpositionen bei der FAZ zum Spiegel und zuletzt als Autor zur Süddeutschen getragen. Er hat vor ein paar Jahren den Entschluss gefasst, außerhalb von Redaktionen selbstbestimmter zu arbeiten. Er schreibt neben dem Newsletter Sachbücher und Romane und ist, gemeinsam mit dem Journalisten und Historiker Joachim Telgenbüscher, Gastgeber des Geschichts-Podcasts „Was bisher geschah“.
Bisher produzierte und bezahlte Amazons Podcast-Ableger Wondery das erfolgreiche Format. Aber vor einigen Wochen änderten sich mal wieder die Prioritäten irgendwo in Amerika. „WBG“ stand von einem Tag auf den anderen vor dem Aus. Nils hat es gestern im Newsletter beschrieben, hier nachzulesen (Öffnet in neuem Fenster): Und dann, am 4. Juli 2025, war alles vorbei. Kurzer Call, man habe damit einfach nicht genug Geld verdient. Fair enough – im Kapitalismus gibt es kein stärkeres Argument. Ich habe schon einige solcher Situationen erlebt. Manchmal geht das Geld eben aus. Dazu passt aber nicht, dass der Firmengründer und Inhaber die ganze Welt mit seiner Märchenhochzeit in Venedig verblüfft hat. „Unvorstellbarer Luxus“, meldet die Bunte. Ein Bruchteil der Kosten allein für Blumendeko hätte uns auf Jahre finanziert.
Satt zu lamentieren, entwickelte das Team in kurzer Zeit ein Community-Modell und ging damit vor genau einer Woche an die Öffentlichkeit. Schon am ersten Tag unterstützten mehr als 1.000 Hörer:innen das Projekt auf der WBG-Steady-Seite (Öffnet in neuem Fenster), aktuell sind es schon mehr als 2.000.

Das Vertrauen zehntausender Fans ermöglichen auf diese Weise das Fortbestehen von „Was bisher geschah“. Wichtigste Gegenleistung, so steht es in vielen Social-Media Beiträgen: „Wir wollen nicht, dass ihr aufhört“.
https://steady.page/de/wbg/about (Öffnet in neuem Fenster)Bis nächsten Montag
👋 Sebastian
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Eine Krisensituation kann eine Chance sein, so wie bei „Was bisher geschah“. Wie du so eine Chance nutzen kannst und in kurzer Zeit eine Kampagne entwickelst, das erzähle ich für Blaupause-Mitglieder in diesem Video: