Der Kampf um die Schulen
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Hi,
Politico hat zwei (Öffnet in neuem Fenster) Strategiepapiere (Öffnet in neuem Fenster) der AfD veröffentlicht. Sehr viel darüber berichtet, vor allem über das Instrument des Kulturkampfes. In den Papieren erklärt die Partei aber auch, bei welchen Gruppen sie zulegen will und bei welchen sie jetzt schon besonders stark ist - eine Gruppe ist die der Jungwähler:innen.
Und es stimmt: Viele der 18- bis 24-Jährige sind entweder sehr rechts oder (sehr) links. 25 Prozent haben sich bei der Bundestagswahl für Die Linke entschieden, 21 Prozent für die AfD. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 hat die AfD in dieser Gruppe 14 Prozent dazugewonnen (Öffnet in neuem Fenster). Sie erreicht und überzeugt also junge Menschen äußerst effektiv.
Und das zeigt sich im Schulalltag, erzählt Gina Waibel. Die Lehrerin und Bildungsinfluencerin sagt, dass manche Schüler:innen ein beinahe geschlossen rechtes Weltbild hätten, das gegen jede Kritik von außen immun sei.
Wie sie dem begegnet und was sie sonst gegen den Rechtsruck macht, das liest du heute im Newsletter.
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“Solche Lehrer bräuchten eigentlich 80 Stunden Sensibilisierungsworkshops”
Gina Waibel ist Lehrerin an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Sie unterrichtet Ethik und AES (Alltagskultur, Ernährung, Soziales). Sie hat vor neun Jahren an einer Realschule angefangen, heute unterrichtet sie an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg.
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Gleichzeitig ist Gina Bildungsinfluencerin, online heißt sie @frau_waibel (Öffnet in neuem Fenster). Kürzlich wurde sie 36 Jahre alt - auf ihrem Geburtstagskuchen, den sie mit ihren rund 75.000 Follower:innen auf Insta gram teilte, stand in Schokoladenschrift: “FCK NZS”.
Sie positioniert sich immer wieder klar gegen den Rechtsruck in unserer Gesellschaft, prangert Rassismus an, wenn sie ihn erlebt, klärt darüber auf, was “die AfD mit unseren Schüler:innen macht”, wirbt für NGOs wie Pro Asyl und Greenpeace oder fordert Sensibilisierungstrainings für angehende und aktive Lehrer:innen, weil sie sagt, dass viele Diskriminierung überhaupt nicht erkennen oder diese sogar selbst reproduzieren.
Sie ist deshalb oft heftigen Gegenreaktionen ausgesetzt. Wie sie damit umgeht, welche Tipps sie für Kolleg:innen hat, wie sie ihre Schüler:innen stärkt - darüber hat @frau_waibel mit uns gesprochen.
Gina, erlebst du Rassismus im Schulalltag?
Ja, leider. Ich arbeite in einem kleinen Ort - da gibt es einen Bäcker, eine Apotheke und nicht viel mehr. Das spiegelt sich in der Schulgemeinschaft wider. Die ist sehr weiß, wenig divers, es gibt wenig Sensibilität für Diskriminierung. Ich erlebe immer wieder, dass sich Kinder mit Migrationsgeschichte rassistische Sprüche anhören müssen und das von vielen hingenommen wird.
Von Lehrkräften?
Auch. Ein Junge, der 2015 aus Syrien geflüchtet ist, hatte in den letzten Monaten Probleme mit seinem Lehrer. Ich unterrichte den Jungen nicht, aber er kam trotzdem zu mir und bat mich, mit diesem Lehrer zu sprechen. Es ging um einen alltäglichen Vorfall: Der Schüler hatte seine Sportsachen vergessen. Als er das mit den Worten erklärte: “Wallah, ich habe die Sportsachen vergessen”, machte sich sein Lehrer über ihn lustig, wiederholte immer wieder das “Wallah” und meinte: “Es sind immer die Muslime.”
Das ist Rassismus. Solche Lehrer bräuchten eigentlich 80 Stunden Sensibilisierungsworkshops.
Ich höre seit fast zehn Jahren als Lehrerin in Lehrkräftezimmern immer wieder Gespräche, die mich schockieren. Da werden Kinder wegen ihres Namens in Schubladen gesteckt oder anders beurteilt.
Das ist schwer, vermute ich.
Ja. Wir müssten eigentlich an die Strukturen von Schule und Pädagogik ran, damit alle Kinder in Deutschland gleiche Chancen haben und ihre eigene Identität entwickeln können. Stattdessen bekommen manche Kinder eine Identität aufgrund ihres arabisch klingenden Nachnamens aufgezwungen.
Konntest du dem Jungen helfen?
Nein. Ich weiß aus Erfahrung: Gespräche mit der Schulleitung oder den Lehrkräften bringen meist nichts. Spricht man sie direkt an - das kennen sicherlich viele Menschen, die sich mit Rassismus-Kritik beschäftigen -, empfinden sie es als Angriff oder drehen es um: Ich selbst wurde oft als “die Nervige, die rumrennt und überall Rassismus sieht” bezeichnet.
Welche Rolle spielt Antirassismus in der Lehrkräfte-Ausbildung?
0,0. Außer, man hat im Studium Professor:innen, die sich damit beschäftigen und Veranstaltungen etablieren. Die sind aber nie verpflichtend. Dementsprechend ist es so, dass später im Schulalltag nicht-Betroffene von Diskriminierung keinen Bedarf für diese Themen sehen. Sie erkennen Rassismus nicht oder beurteilen ihn anders als betroffene Menschen und haben sich nie mit den eigenen Privilegien auseinandergesetzt. Wir müssten die Ausbildung verändern, damit dort Lehrer:innen sensibilisiert werden, die dann Schüler:innen sensibilisieren können.
Gibt es rassistische Tendenzen unter Schüler:innen?
Auch das, leider. Wir haben Hakenkreuz-Kritzeleien auf der Schultoilette. Es gibt Jugendliche, die AfD-Parolen und -Narrative im Unterricht reproduzieren und kaum von ihrer Meinung abzubringen sind.
Was sind das für Narrative?
“Alle Afghanen sind Messerstecher”. Oder: “Ich hab’ Angst, bei so vielen Geflüchteten als Frau rauszugehen.” Oder muslimische Schüler:innen sollen “endlich in ihr Land zurückgehen”.
Das sind Sätze, die 1:1 von Tiktok übernommen wurden. Sowas höre ich fast täglich. Eine Kollegin hat in einer 9. Klasse einen Film über die NS-Zeit gezeigt. Dazu sagte eine Gruppe Jungs: “Endlich ein guter Film.”
Auf der anderen Seite habe ich Schüler:innen, die sind super aufgeklärt, die engagieren sich, gehen in die Gegenrede und benutzen dabei das richtige Wording. Die sind in den Themen oft weiter als Lehrkräfte.
Woher kommt dieser Unterschied? Wie entsteht auf der einen Seite ein progressives Weltbild und auf der anderen Seite Rassismus?
Das hat manchmal mit dem Elternhaus oder mit dem Umfeld zu tun. Ich arbeite an einer ländlichen Schule, hier gibt es einige Rechte, hier ist die AfD stark. Pauschal kann man das aber nicht sagen. Ich hatte mal einen Schüler, da fanden es seine Eltern gar nicht cool, welche extrem rechten Positionen und Meinungen er vertritt.
Und manchmal ändert sich das auch. Eine meiner Schülerinnen hat rechte Parolen wiedergegeben hat - zwei Monate später war sie empört über die AfD-Abschiebetickets. Warum? Sie hatte einen migrantischen Freund kennengelernt. Plötzlich war sie betroffen. Plötzlich war das Thema nicht mehr abstrakt.
Welche Rolle spielt Social Media?
Eine große. Instagram, Tiktok, je nachdem, in welchen Bubbeln sich die Jugendlichen bewegen, werden sie mit diesen Perspektiven konfrontiert. Und die AfD weiß genau, wie sie Rassismus harmlos verpackt, wie sie Wut kanalisiert und jugendgerecht kommuniziert.
Wie denn?
Sie verniedlicht grausame Dinge, stellt sie spielerisch dar, wie ”Remigration”, mit der sie massenhafte Abschiebungen salonfähig machen will. Das Gleiche gilt für das “Ausländer-raus (Öffnet in neuem Fenster)”-Gesinge zu Gigi D’Agostino. Klingt harmlos, es wird leicht gemacht, mitzumachen. So verschwindet für viele Jugendliche die Tragweite, die Brutalität, die dahintersteht. Da stumpft man leicht ab und verliert jede Sensibilität, weil verschwiegen wird, welche Konsequenzen “Remigration” für Millionen Menschen hätte.
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Dazu kommt die Meme-Culture, wie beim “Junge Alternative”-Spiel “Deutschlandretter24 (Öffnet in neuem Fenster)”. Da war das Ziel, “Talahons” abzuschieben, also junge Männer mit Migrationsgeschichte. Da wird Rassismus spielerisch dargestellt. Viele Jugendliche sind auch einfach naiv, weil sie sagen: “Die AfD will nur die Kriminellen abschieben.”
Wie gehst du mit solchen Aussagen um?
Anfangs habe ich das gemeldet. Bei der Gruppe beispielsweise, die über den NS-Film sagte, das sei ein guter Film. Da ist bekannt, dass sich die Jungs extrem rechts verhalten und rechtsextreme Aussagen reproduzieren. Deshalb bin ich gemeinsam mit dem Schulsozialarbeiter zur Schulleitung. Wir haben einen externen Workshop vorgestellt, der helfen könnte. Extern, weil ich die Jungs in Gesprächen nicht mehr erreicht habe. Sie sind zwar immer nett zu mir, nennen mich hintenrum aber “linksgrün-versifft” und sagen, dass sie nichts auf meine Meinung geben würden.
Die Schulleitung wollte keinen Workshop, stattdessen sollten die Jungs nach Hause geschickt werden. Was ist das für eine Lösung?
Statt eines Workshops für Schüler:innen, in dem es um Rechtsextremismus-Prävention geht, werden die Jungs sich selbst überlassen und nach Hause geschickt. Für mich zeigt das: Das Thema wird nicht ernst genommen.
Also bist du auf dich alleine gestellt?
Mehr oder weniger. Ich versuche auch weiter, mich mit den Jugendlichen auf Augenhöhe zu unterhalten. Ich will die nicht verlieren, weil das eigentlich liebe Jungs sind. Aber es ist sehr anstrengend, dagegen anzukommen, weil die krass von den Maximilian Krahs und Björn Höckes und Miguel Klauß‘ und wie sie alle heißen manipuliert werden. Die haben ihnen längst erzählt, dass alles, was ich zu sagen habe, dummes Gelaber sei.
Welche rechten Erzählungen verfangen bei Jugendlichen gut?
Einige Mädels gehen auf diese “Tradwive (Öffnet in neuem Fenster)”-Videos ab, die ein ultratraditionelles Frauenbild zeigen. Ich habe zwei Schülerinnen, die finden das richtig gut und, die kochen und backen auf einmal super gerne - damit hatten sie vorher nichts zu tun. Und sie ziehen sich auch traditioneller an.
Und wie sieht’s mit den Jungs aus?
Da geht die AfD vor allem mit dem Thema “Männlichkeit”, und was das angeblich sein soll, auf Stimmenfang. Also: “Lass dir deine Männlichkeit nicht ausreden”, wie es Maximilian Krah auf Tiktok verbreitet hat. Das ist dann so eine richtig toxische Männlichkeit, die vorgelebt wird. Man solle sich nichts sagen lassen, wenn man rechts sei, bekomme man Frauen, und so weiter.
Deshalb sind auch schon Schülerinnen zu mir gekommen und haben mir erzählt, dass die Jungs hinter ihnen laufen und so tun würden, als fassten sie ihnen an den Po. Das ist übergriffiges Verhalten.
Was begegnet dir noch?
Was bei vielen Schüler:innen verfängt, ist die Erzählung, man solle endlich stolz auf Deutschland und darauf stolz sein, Deutsche:r zu sein. Und klar, das kann man sein. Aber dann sollte man sich auch anschauen, was nicht so cool läuft. Darauf braucht man nicht stolz sein. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Erzählung, dass “uns alles weggenommen” werde. Das sind verkürzte bis falsche Aussagen, simple Lösungen für komplexe Probleme. Aber Jugendliche sind halt keine Faktenchecker.
Wenn ich dann sage: “Ey, das stimmt alles nicht.” Oder: “Check mal deine Fakten.” Dann sagen sie nur, ich sei links oder dass Faktenchecks “links” seien. Manche haben ein fast geschlossenes Weltbild, das gegen Kritik immun ist.
Was machst du, um deine Schüler:innen zu stärken?
Eine Diskriminierungsform, die in der Schule oft vorkommt, ist Adultismus. Dabei stellen Lehrkräfte überharte Regeln auf, strafen oder bevormunden Jugendliche oder beziehen sie nicht in Prozesse mit ein.
Lehrkräfte merken oft nicht, dass sie so handeln, weil sie selbst so sozialisiert wurden. Es ist internalisiert, nur auf vermeintliches Fehlverhalten zu reagieren.
Deshalb habe eine Form von positiver Verstärkung etabliert: die “Klasse-stärken-Sticker (Öffnet in neuem Fenster)”. Meine Schüler:innen bekommen einen Sticker, wenn sie zusammenarbeiten. Auf den Stickern sind Personen aus der Popkultur, Memes, sie sind geschrieben in Jugendspracheund und funktionieren super. Wenn meine Klasse eine bestimme Anzahl von Stickern gesammelt hat, unternehmen wir was zusammen. Was, das entscheiden wir im Klassenrat. Das erste Ziel war ein Kinobesuch, das zweite eine Fahrt ins Theater mit Döneressen. Beide Male haben wir uns auch überlegt, wie wir das finanzieren. Dafür haben wir Pausenverkäufe gemacht, um Geld zu verdienen.
Das war deine eigene Idee, wie du euer Miteinander verbessern könntest. Wie frei ist denn Unterricht heutzutage?
Es gibt Freiheiten, Themen außerhalb des Lehrplanes zu besprechen. Selbst Bayern hat es ja geschafft, eine Verfassungs-Viertelstunde für aktuelle Themen einzuführen. Ich mache es ähnlich: Wenn ich auf Insta oder Tiktok Inhalte sehe, die ich für relevant halte, spreche ich die an. Die “Abschiebetickets (Öffnet in neuem Fenster)” der AfD beispielsweise - das hat hier alle sehr beschäftigt. Da kann ich nicht einfach mit dem Unterricht weitermachen. Das muss eingeordnet und besprochen werden - warum nicht in der Schule, wenn wir alle zusammen sind?
Aber klar, wer nicht online ist, weiß vielleicht nicht, was Jungendliche gerade umtreibt. Dann sehen Lehrer:innen keinen Bedarf, den Lehrplan zu ergänzen.
Auf Instagram berichtest du davon, dass du nicht nur innerhalb der Schule Widerstand erlebst, sondern auch von außen. Woher?
Da gab beispielsweise einen zehnseitigen Brief, der anonym meiner Schulleitung auf den Tisch gelegt wurde. Der bestand aus Screenshots meiner Beiträge und meiner Kommentare, die ich unter anderen Accounts verfasst hatte. Da hat jemand dokumentiert, was ich online mache und wie und wozu ich mich äußere. Ich weiß nicht, ob es aus dem Kollegium kam oder ob es Eltern waren.
Aber das Ziel war klar: Ich solle mich nicht zu Themen wie Antirassismus äußern. Da ging es beispielsweise um das Gedenken der Opfer des terroristischen Anschlags in Hanau im Jahr 2020.
Dann hat der Förderverein meiner Schule vor einigen Wochen eine anonyme Mail zu mir bekommen, dass ich mich nicht “neutral” verhalten würde - da ging es um den Beutelsbacher Konsens. Der besagt, dass Schüler:innen nicht von Lehrkräften beeinflusst werden dürfen. Den Brief hat der Förderverein sofort ans Schulamt weitergeleitet. Wenn die cool mit mir wären und gut finden würden, was ich mache, wäre das wohl nicht passiert.
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Und dann gibt es da noch einen AfDler aus dem Gemeinderat hier, der immer wieder Videos über mich auf Tiktok hochlädt, der auch schon Schüler:innen meiner Schule zu mir angesprochen hat. Der hat hier kürzlich als Bürgermeister kandidiert. Im Wahlkampf hat er Stimmung gegen mich gemacht und in der Lokalzeitung angekündigt, dass er sich mit meiner Schule und über das Neutralitätsgebot unterhalten wolle. Das hat die Zeitung auch genauso gedruckt, ohne zu erklären, was da eigentlich für rechte Narrative dahinterstehen.
Es ist bekannt, dass die AfD Lehrkräfte mit der “Neutralitätspflicht (Öffnet in neuem Fenster)” dazu bringen will, keine Kritik an ihr zu üben. Bist du neutral?
Es ist nur noch nervig, dass ich das immer wieder erklären muss. Gerade erst haben sich unter einem Insta-Beitrag von mir viele Rechte versammelt und erklärt, dass ich die Realität nicht akzeptieren wolle, dass ich pauschal jede “alternative Meinung” als Rassismus deklariere und deswegen nicht “neutral” sei. Ich müsste jedes Mal schreiben:
“Rassismus ist keine Meinung.” Zum Glück habe ich auf Insta den Luxus, dass meine Community in die demokratische Arbeit einsteigt und erklärt, dass es bezüglich Menschenfeindlichkeit kein Neutralitätsgebot gibt.
Leider ist das offline nicht so.
Inwiefern?
Ich habe vor einem Jahr erlebt, dass die AfD-Erzählung verfängt. Da musste ich mit meiner Schulleitung zum Schulamt. Es ging darum, wie ich mich als Lehrkraft auf Insta zu einzelnen Parteien positioniere. Und die Person auf dem Lehramt sagte, dass ich “politisch neutral” sein müsse und mich nicht kritisch oder positiv zu einer Partei äußern dürfe. Im Ernst: Wo stehen wir, wenn nicht mal Menschen auf dem Schulamt die Bedeutung des Neutralitätsgebots checken?
Oder wenn Schulleitungen, die oft privilegiert, weiß-positioniert und nicht von Rassismus betroffen sind, Hanau-Gedenk-Projekte oder antirassistische Projekte als “linkspolitisch” bezeichnen. Das sind rechte Narrative, die sie reproduzieren. Ich habe das auch von Kolleg:innen an anderen Schulen gehört.
Welche Empfehlungen hast du, wie man als Lehrkraft angefeindet wird?
Unbedingt mit Menschen vernetzen.
Wir demokratisch arbeitenden Menschen müssen uns besser vernetzen und füreinander einstehen. Die Rechten sind krass vernetzt und mobilisieren sich gegenseitig so stark.
Schwupps, habe ich unter einem Post 50 rechte Kommentare, weil er kurz vorher in einem ihrer Telegram-Kanäle geteilt wurde.
Wir müssen uns Verbündete suchen. In meinem Kollegium ist meines Wissens nach niemand extrem rechts oder befürwortet die AfD. Trotzdem unterstützt mich niemand offen, stattdessen höre ich immer wieder Schuldumkehr-Argumente. Dass ich beispielsweise nicht so “laut” auf Insta sein solle, dann würde ich auch nicht so viel Gegenwind bekommen oder dass die AfD doch demokratisch gewählt sei.
Das ist einer der Gründungsideen von Leraconnect.
Ja. Wir sind sechs Lehrkräfte, die sich antirassistisch positioniert haben. Wir haben alle an unseren Schulen Antirassismus- oder Antidiskriminierungsarbeit geleistet und deshalb Ärger bekommen. Es kam zum Beispiel die Aussage bei einem Kollegen: “Erst seitdem du diese Themen ansprichst, gibt es hier überhaupt Rassismus”.
Deshalb haben wir Leaconnect ins Leben gerufen - ein Netzwerk für antirassistische Arbeit an Schulen. Wir wollen Anlaufstelle für Lehrer:innen sein, die Austausch, Empowerment oder Unterstützung suchen. Und ab September erweitern wir das Angebot.
Was bedeutet das?
Bisher haben wir Fortbildungen an Schulen gegeben. Jetzt kommen Online-Seminare dazu, in denen wir alle Diskriminierungsformen adressieren wollen, die an Schulen aufploppen. Wir berichten von eigenen Erfahrungen und stellen Strategien vor, wie man mit Rassismus von Schüler:innen, von Kolleg:innen oder aus dem Elternumfeld umgehen kann. Da kann sich bundesweit jede:r einbuchen. Die Angebote gibt es auf Leraconnect.de (Öffnet in neuem Fenster).
Dafür nimmst du dir eine Auszeit, richtig?
Ja, die ist lange geplant und genehmigt. Und ich freue mich drauf. Weil ich glaube, dass ich so viel mehr bewegen kann.
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