Irgendwie gut.
Was ich gerade über mich lerne und warum das Nichtstun nicht immer nichts bedeuten muss. Oder: Irgendwie läuft es gerade ziemlich gut.
Diesmal tippe ich die Zeilen an dich nicht am Freitagmittag im Co-Working-Space, sondern am späten Samstagabend in meinem Bett. Nicht weil ich vorher keine Zeit gehabt hätte, im Gegenteil: Davon habe ich gerade wirklich genug. Auch wenn ich mich selbst immer wieder daran erinnern muss, wenn ich den Wochenplan in meinem Trello-Board befülle, als wäre es die letzte Woche meines Lebens. Ich habe mich schlichtweg aus meiner selbst auferlegten Struktur geschält und mein kreatives Chaos auf mein Leben losgelassen. Ein kleines bisschen Angst macht mir das ja immer, aber bisher hat es mich zuverlässig glücklich gemacht. Und so lümmelte ich den ganzen Tag mit meinem Buch auf dem Sessel, ging im vom Sommerregen durchzogenen Tiergarten spazieren und gönnte mir ein paar Folgen Chicago Fire. Immer wieder hatte ich kurz den Gedanken, dass ich doch nicht den ganzen Tag so rumlungern kann. Aber doch, das kann ich. Und es hat wahnsinnig gut getan. Wie oft habe ich dir schon vorgebetet, dass wir uns alle mal entspannen sollten und die Langsamkeit entdecken und überhaupt nicht immer produktiv sein müssen. Ich selbst muss das auch immer wieder üben, doch ich habe das Gefühl, dass ich das ganz gut mache. Meistens jedenfalls.

Vor Kurzem habe ich auf Instagram ein Reel gesehen, in dem eine Schriftstellerin zeigte, wie das Schreiben bei ihr aussehen kann und ich war sofort verliebt: Man sah sie beim Schreiben in den verschiedensten Positionen, aber auch beim Lesen, aus dem Fenster gucken, spazieren gehen, Serie gucken, Kuchen essen… Und das habe ich SO sehr gefühlt! Denn auch wenn wir nicht tippen oder den Stift in der Hand haben, schreiben sich die Geschichten doch genau in diesen Momenten. Der Akt des physischen Schreibens bringt sie nur noch zu Papier. Wie siehst du das? In meinem Fall stimmt das zu hundert Prozent. Also plagt mich jetzt auch kein schlechtes Gewissen darüber, dass ich den Tag mit den Tagebüchern von Virginia Woolf und dramatischen Feuerwehreinsätzen in Chicago verbracht habe.
Denn obwohl es jetzt so klingt, als würde ich mir hier einen faulen Lenz machen, habe ich in dieser Woche wieder ein paar Dinge geschafft. Eine Sache freut mich ganz besonders, denn dadurch muss ich mir keine Ausrede einfallen lassen oder mir die Blöße geben, zu feige und faul gewesen zu sein. Wer in der letzten Woche mitgelesen hat, weiß worum es geht: das Aufnehmen von Meditationen, das ich so lange vor mir herschob. Eine kleine Kostprobe habe ich gestern direkt auf Instagram (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) geteilt – wer sie noch nicht entdeckt hat, kann sie hier nachhören und mit mir zusammen Durchatmen und Loslassen:
Wie erwartet, hatte ich wahnsinnig viel Spaß daran, mein Mikrofon anzuschließen und die Aufnahme rundzumachen. Manchmal überrasche ich mich selbst, denn auch wenn ich nie etwas mit Computerspielen oder Technik im Allgemeinen anfangen konnte: Mit Mikrofon und Aufnahme-Software kann ich mich stundenlang beschäftigen! Die Leidenschaft ist also neu entflammt und ich werde dich sicher nicht das Letzte mal mit meiner Stimme abholen.
Das heißt aber nicht, dass das Schreiben zurücktreten muss. Denn das begleitet mich weiterhin mit einer Selbstverständlichkeit, dass ich das Gefühl habe, es mal zum Essen ausführen zu müssen oder so… Es zeigt sich sehr loyal und macht mich glücklich. So kommt es auch, dass ich am Freitag eine weitere Kurzgeschichte fertiggestellt und an das nächste Literaturmagazin gesendet habe. Möchtest du, dass ich davon mal ein bisschen was mit dir teile? Wie leicht mir das Schreiben fiel, wurde mir erst bewusst, als ich am Donnerstag mit einer lieben Freundin und Kollegin im Café saß und wir nebeneinander an unseren Geschichten arbeiteten. Nach zwei Stunden war ich fertig mit einer völlig neuen Story und bereit, sie auf die Reise zu schicken. Kein ewiges Schrauben am Plot oder dem ersten und letzten Satz. Diese Geschichte fiel wortwörtlich einfach aus meinem Kopf auf die Tasten. Ich brauche nicht mehr Beweise für meine oben aufgestellte Theorie.
Ansonsten bin ich aktuell mit dem Bewerben meines ersten Workshops beschäftigt… und ich sage dir: Ich bin so stolz und happy mit meinem Konzept, ich möchte sofort loslegen! Werbung für sich selbst bzw. die eigene Arbeit zu machen, ist mir aber doch manchmal noch unangenehm. Dennoch bin ich in dieser Woche tapfer durch die Bibliotheken, Cafés und Buchläden spaziert und durfte Flyer aufhängen – besonders an Orten, an denen Bücher wohnen, fühle ich mich einfach immer sicher und kann besser über meinen Schatten springen. Falls du nicht mehr so ganz weißt, von welchem Workshop ich hier rede oder vielleicht noch überlegst, ob du dir das mal anschauen sollst, schau einfach mal hier rein:
Es ist also nicht die Zeit der großen Durchbrüche. Dafür geht es stetig voran und ich weiß jeden Abend beim Einschlafen, dass ich morgen ganz alleine entscheiden kann, wofür ich meine Zeit nutze. Nicht erst nach Feierabend, sondern direkt mit dem ersten Kaffee. Und dieser Luxus wird mir immer mehr bewusst – ich möchte ihn genießen und nicht ungenutzt an mir vorüberziehen lassen. Die richtige Balance wird wohl immer eine Herausforderung bleiben, doch so wie es jetzt ist, ist es irgendwie gut. Richtig gut. Auch wenn ich an manchen Tagen das Miteinander mit den Kolleg:innen im Büro vermisse – ich möchte aktuell um keinen Preis tauschen. Darum gibt es in der nächsten Woche auch einen ersten Termin in Sachen Existenzgründung. Ein bisschen mehr als ein irgendwie gutes Gefühl braucht es dann langfristig eben doch, um von der kreativen Selbstständigkeit leben zu können. Ich bin mir aber sicher, dass das alles seinen Platz finden wird. Ein bisschen Optimismus kann nicht schaden, oder? Naja, vielleicht nennen wir es einfach mal Vertrauen in uns selbst…
Oh, und falls du ein bisschen Inspiration für dein Schreiben brauchst: Der Impuls für meine jüngste Kurzgeschichte war „zwei“ ;) Vielleicht schaffst du ja in dieser Woche zwei Stunden mit deinem Schreiben? Vielleicht auch einfach zwei Sätze oder zwei Wörter – jedes einzelne geschriebene Wort wird sich bei dir bedanken 💕
Bis nächste Woche!
Alles Liebe
deine Sarah
