Tonya Packt aus: Heldendumm-Newsletter #9
Servus, ihr Helden der absurden Geschichte!
Hier ist wieder eure Tonya – halb Skelett, halb Sonnenbrand. Während sich Daniel und Philipp noch vom Festival erholen (Philipp körperlich, Daniel seelisch), habe ich mich wie immer pünktlich aus der Gruft geschält, um euch mit frischen Geschichten, seltsamen Beobachtungen und ordentlich Hirngulasch zu versorgen.
Zwischen Spanferkel und Räucherquarz lag natürlich auch wieder eine neue Episode, neue Erkenntnisse – und dieser Newsletter hier.
Also schnappt euch ein Kaltgetränk, legt die Gebeine hoch und schaltet den Erholungsmodus ein – es ist wieder Newsletter-Zeit bei Heldendumm.

Steady-Freuden
Vielen Dank an:
Johannes, Jasmin, Korbinian, Patrick, Britta, Enrico, Milena, Lara, Simon, Jos, Dario, Nathalie, Katja, Isabella, Tina, Jeanine, Mike, Tim, Anne, Roland, HG, Amira, Kay, Andrea, Eva, Franz, Hartmut, Stephan, Andreas, Michaela, Hendrik, Cookie, Jochen, Sarah, Falk, Prokrastinator, Susanne, Katrin, Bjoern, Yvonne, Noah, Stephan, Samantha, Kai, Amelie, Marthe und Barbara.
Danke euch allen – ohne euch wäre das hier nur halb so dumm und gar nicht so heldenhaft.
Ein wenig Hausmeisterei
Ihr habt es alle mitbekommen, daher machen wir es kurz: Wir waren auf dem frieda’s open air 3.1-Festival – und es war ein Fest! Laute Musik, wilde Leute und alles, was sonst zu einer solchen Veranstaltung dazugehört.
Natürlich wisst ihr, dass wir nicht nur zum Feiern da waren, sondern auch, um zu arbeiten. Wir hatten für einige Stunden eine kleine „Butze“ (so wurde die Räumlichkeit liebevoll genannt) ganz für uns – und natürlich haben wir dort das getan, was wir immer tun: Podcasten.
Es entstand eine Live-Episode vor einem großartigen Publikum, die wir zwar ursprünglich nicht aufnehmen wollten, aber: Durch die vielen eurer Zuschriften haben wir uns doch entschieden, mit der Technik, die uns zur Verfügung stand, einen Mitschnitt zu erstellen – mit allen Facetten eines Festivals.
Das Ergebnis? Eine wilde Fahrt durch das Fyre Festival und die Geschichte, wie es eigentlich dazu kam.

Und natürlich gilt: Keine Veranstaltung ohne Fotos – daher hier ein paar Eindrücke:










Rührkuchenrunde
Neben dem Podcast passierten auf dem Festival auch viele andere Dinge – und damit meinen wir gar nicht die Musik oder die Nebenbeschäftigungen wie Räucherzeremonien oder Bier-Yoga. Es geht eher um Spanferkel-Unfälle, wildgewordene Hologramme und Flaschenöffner, die ein Eigenbewusstsein entwickeln.
Alles Dinge, die in unserer Rührkuchenrunde auf Discord besprochen werden. Ursprünglich als Nachbesprechung zu den Episoden gedacht, hat sich unser Talkformat längst zu einem „Die Jungs quatschen mit euch und beantworten eure Fragen“-Format entwickelt.
Wir behalten die regelmäßigen Termine – zeitlich irgendwo zwischen neuer Episode und Newsletter – und laden euch wie immer herzlich ein, teilzunehmen. Kommt vorbei!
Schon gewusst?
Ja, heute steht alles im Zeichen des Festivals – aber genau deshalb passierten im Hintergrund auch ganz wunderbare Dinge. Oben erwähnten wir bereits Flaschenöffner, die sich selbstständig machten. Denn ohne einen Flaschenöffner lässt sich die Kriegerpose beim Bier-Yoga nur halb so gut einnehmen. Zum Glück waren unsere Heldendumm-Flaschenöffner zur Stelle – bereit zum Einsatz.

Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr: Eines der drei großartigen Designs enthält einen QR-Code. Und dieser führt euch direkt zum offiziellen Heldendumm-Tinder!
Ja, richtig gelesen – Heldendumm-Tinder ist real. Ihr werdet dort vermutlich nicht den zukünftigen Vater eurer Kinder finden, aber dafür vielleicht die Episode, die ihr noch nicht kanntet – und die euch umhaut.
Mit jedem Besuch auf der Seite bekommt ihr einen potenziellen Match vorgeschlagen. Gefällt euch der Protagonist nicht? Dann würfelt das System einfach einen neuen aus. Ist es ein Match, werdet ihr direkt zu Spotify weitergeleitet.

Vielleicht findet ihr so eure große Heldendumm-Liebe. Und falls ihr selbst schon versorgt seid – dann helft doch euren Freunden beim (Liebes-)Glück und schickt ihnen den Link!
Reingehört?
Hätte es damals schon das Heldendumm-Tinder gegeben, wäre unsere aktuelle Episode vielleicht nie passiert. Zum Glück können wir die Geschichte nicht ändern – und dürfen uns stattdessen über „Günther der aus dem Dschungel kam“ amüsieren.
Ab in den Amazonas!

Heldendumm Quickie: Krieg im Ofen
Spätherbst 1016: England ist müde. Seit einem Jahr zerren Feldzüge, Belagerungen und Seitenwechsel an der Insel. Auf der einen Seite Cnut, der dänische Prinz mit Geduld und Logistik. Auf der anderen Edmund Ironside, der angelsächsische Kämpfer, der seinen Spitznamen nicht für schöne Augen bekam. Der Konflikt begann, als Cnuts Vater Sweyn Gabelbart 1013 England überrannte, König Æthelred ins Exil trieb und sich selbst krönte. Nach Sweyns Tod 1014 kehrte Æthelred zurück, doch Ruhe gab es nicht: 1015 landete Cnut erneut – diesmal mit dem klaren Ziel, das ganze Reich zu holen.
Hier tritt Edmund ins Rampenlicht. Als Æthelreds Sohn sammelt er in Wessex alles, was noch kämpfen kann: Fyrd-Kontingente, lokale Gefolgschaften, Stadtmilizen. Er entsetzt London mehrfach, schneidet Brücken an der Themse, zwingt die Dänen zum Umweg oder Rückzug – nicht dauerhaft, aber eindrucksvoll. Namen wie Penselwood, Sherston und Brentford markieren diese Zermürbungsphase: irre Tage, in denen Edmund mit wuchtigen Angriffen Schaden austeilt, sich löst, wieder sammelt und erneut losbricht. In den Chroniken ist nicht jede Etappe sauber zu trennen, doch das Muster ist klar: Ironside fällt nach Rückschlägen nicht um, sondern wieder an.
Cnut wiederum ist kein Draufgänger, sondern ein sorgfältiger Rechner. Seine Schiffe tragen ihn dorthin, wo Flüsse und Küsten das Heeresleben erleichtern; seine Kassen füllen die Marschwege; und über allem sein Gespür für Timing. Die dänische Maschine bleibt elastisch, und Englands Machtträger sind… sagen wir: nicht immer eine Hilfe. Das Jahr spitzt sich zu auf Assandun, Mitte Oktober 1016. Dort kracht es ein letztes Mal so richtig. Der angelsächsische Schildwall hält, bricht, hält wieder – und bricht dann ganz. Die Verluste sind furchtbar.
Und nun passiert etwas Seltenes: Politik. Edmund und Cnut verhandeln. Ergebnis: Reichsteilung. Cnut erhält Norden und Osten, Edmund behält Wessex, den alten Kern der angelsächsischen Königswürde. Zusätzlich vereinbaren beide eine Art Erb-Klausel: Stirbt einer, fällt das ganze Reich an den anderen. Zynisch? Realistisch? Beides. Wichtig ist: Der Krieg hält inne. Und genau in dieser Pause schlägt das Schicksal zu.
Ende November 1016 stirbt Edmund Ironside. Die knappen, frühen Notizen nennen den Tag, nicht die Ursache. Man darf an Erschöpfung, Wunden, Krankheit denken. Doch was die nüchternen Annalen verschweigen, füllt die spätere Erzählfreude mit einer Szene, die man einmal gehört nicht mehr vergisst: der König auf dem Abort. In einer weitverbreiteten Legendenfassung lauert ein Attentäter unter dem Latrinenbrett und stößt eine Klinge in den wehrlosen Edmund. Andere Varianten sprechen von einem Mechanismus unter der Sitzbank; wieder andere von einem Dolch, der durch die Ritzen getrieben wird. Ob so geschehen oder nicht: Das Motiv haftet, weil es drastisch alles betont, was Legende liebt – die Gleichheit aller Menschen auf dem stillen Örtchen und die grausame Ironie eines Königs, der nicht im Feld fällt, sondern im Plumpsklo.

Wer profitiert? Nun: Laut Vertrag Cnut. Der dänische König übernimmt daraufhin ganz England – nicht mit Triumphgeschrei, sondern mit Aktenkoffer. Er stabilisiert die Herrschaft, glättet Fronten und festigt seine Position zusätzlich mit einer politisch ebenso klugen wie symbolträchtigen Ehe: Emma von der Normandie, die Witwe Æthelreds, wird seine Frau. Damit schlägt er eine Brücke zur Normandie und schreibt sich zugleich in die Reihe legitimer Herrscher ein. Cnuts Regierungszeit gilt im Rückblick oft als ordnend – eine herbe Ironie: Der Eroberer ist auch der Befrieder.
Zurück zu Edmunds Ende. Wo genau er starb – London? Oxford? – bleibt umstritten, ebenso Details seiner Bestattung. Sicher ist: Sein Tod beendete nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auch eine Option, die Geschichte gern übersieht – dass das geteilte England, wäre Edmund länger geblieben, vielleicht zu einer dauerhaften Doppelordnung hätte werden können. So blieb es beim Vorspiel, und die Nachwelt überschrieb das abrupte Verstummen mit der grellsten Anekdote: der Latrinen-Legende.
Solche Todesmotive sind im Mittelalter kein bloßer Klamauk, sondern moralische Bilder. Der Mächtige, entthront am Ort der Körperlichkeit, das ist didaktisch so wirksam wie unappetitlich. Und es ist kein britischer Sonderweg. Unser Arius, der spätantike Theologe, hat in der Überlieferung ebenfalls ein sehr sanitärnahes Ende. Diese Motive wirken, weil sie schnell Sinn stiften, wo die Quellen schweigen: Wenn der unermüdliche Kämpfer nicht im Schildwall fällt, muss – so die erzählerische Logik – List im Spiel gewesen sein.
Für die Insel bedeutete Edmunds Abgang: Cnut formt das vereinte Königreich – und tut es, so paradox es klingt, mit einer Art Verwaltungstalent, das die Wunden des Jahres 1016 nicht heilt, aber verbindet. Für Edmund bedeutet er: Er rutscht aus dem hellen Licht der Ereignisgeschichte in die schimmernde Halbwelt der Anekdote. Ironside bleibt der Mann, der gegen die Wahrscheinlichkeit kämpfte – und den die Erzählkultur ausgerechnet dort sterben lässt, wo alle Menschen gleich sind. Ob es so war? Die frühesten Zeilen sagen es nicht. Aber sie sagen genug, um den Rest zu verstehen.
Quellen: The Death of Edmund Ironside (Abre numa nova janela)
Und das war’s schon für diese Ausgabe!
Bleibt heldenhaft,
Tonya Bone-ita Riesenhuber
P.S.: Wie begrüßen sich französische Skelette?
Bone-jour!. 🥖🩻