Rollstuhl meets Wattenmeer: Ein barrierefreier Naturtraum in Butjadingen

Auf der Suche nach neuen barrierefreien Reisezielen

Wenn wir neue Reiseziele bei Urlaub & Pflege e. V. suchen, steht für uns eine Frage ganz oben: Gibt es genügend rollstuhlgerechte Zimmer? Ohne diese Grundvoraussetzung können wir Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf keine entspannte Reise bieten. Erst wenn das geklärt ist, schauen wir uns die Kosten, die Umgebung und mögliche Ausflugsziele genauer an.

2025 haben wir Burhaversiel in Butjadingen an der Nordseeküste neu ins Programm aufgenommen. Im März machte ich mich auf den Weg zur Reisezielrecherche – bewaffnet mit meiner Checkliste und viel Neugier auf das, was uns dort erwarten würde.

Vielfältige Ausflugsmöglichkeiten in Butjadingen

Beim Frühstück kam ich mit Herrn Hessenius vom AWO Ferienzentrum am Deich (Abre numa nova janela) ins Gespräch. Er erzählte mir begeistert von den schönsten Plätzen und Ausflügen in der Region, zum Beispiel:

• das sonntägliche Hafenkonzert in Fedderwardersiel und die Führung im Nationalparkhaus-Museum,

• eine Wattwanderung in Eckwarderhörne mit Wattmobilen für geheingeschränkte Menschen,

• ein Spaziergang im Langwarder Groden (Abre numa nova janela) auf einem barrierefreien Naturpfad,

• ein Tagesausflug mit der Fähre nach Bremerhaven

• und und und…

Ich war begeistert! Für unsere 7-tägige Gruppenreise hatte ich plötzlich mehr Ideen, als ich umsetzen konnte. Zusammen mit meinen eigenen Recherchen ergab sich ein richtig buntes Programm.

Drei entscheidenden Fragen für jeden Ausflug

So schön all diese Vorschläge auch klangen, ich musste erst drei zentrale Fragen beantworten.

• Ist die Sehenswürdigkeit barrierefrei erreichbar und durchführbar?

• Gibt es in der Nähe ausreichend Parkplätze?

• Gibt es eine behindertengerechte Toilette?

Wir haben zu oft erlebt, dass Attraktionen im Internet wunderschön beschrieben, aber vor Ort nicht für unsere Gäste geeignet sind. Deshalb heißt es für uns Reiseleitungen immer: Selbst hinfahren, alles genau anschauen und ehrlich bewerten. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Reisegäste entspannte und schöne Momente erleben.

Der Langwarder Groden: Ein Naturwunder für alle

Besonders gespannt war ich auf den Naturpfad im Langwarder Groden. Ein Groden ist per Definition ein mit Gras bewachsenes angeschwemmtes Deichvorland. Er liegt zwischen Fedderwardersiel und Langwarden und ist Bestandteil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und UNESCO-Weltnaturerbe.

Für viele unserer Gäste ist ein Besuch eines Nationalparks unvorstellbar, denn die meisten Wanderwege in der Natur sind nicht rollstuhl- oder rollatorgeeignet. Im Langwarder Groden gibt es einen 2 km langen barrierefreien Naturwanderweg. Über einen Holzbohlenweg inmitten der Salzwiesen können Besucher*innen die Natur hautnah erleben und die vielen Vögel beobachten, die sich dort aufhalten.

Durch eine 1 km lange Öffnung des Deichs können die Gezeiten in den Salzwiesen beobachtet werden ohne die Tier- und Pflanzenwelt zu stören. Neben vielen Watt- und Wandervögeln bietet der Groden auch Robben einen Lebensraum.

Bei meinem ersten Besuch war ich skeptisch. Kurz zuvor hatte es viel geregnet. Abgesehen vom Holzbohlenweg war der Naturpfad teilweise mit Pfützen und Schlammstellen übersät. Ins Ausflugsprogramm habe ich ihn trotzdem aufgenommen, denn der Bohlenweg kann immer problemlos befahren werden.

Drei Monate später – Unsere Reise nach Burhaversiel startet

Am 24. Juni war es soweit. Unser Vormittags-Spaziergang im Langwarder Groden steht auf dem Plan. Die Reisegäste freuen sich auf das Naturerlebnis. Das Wetter ist durchwachsen. Am Vortag hat es viel geregnet.

Der Deichaufgang bis zum Eingang des Naturgebiets ist asphaltiert und unproblematisch. Am Eingang steht unerwartet ein Wattmobil zum Ausleihen gegen 1€ Pfand. Das ist jetzt schon ein Highlight für einige Gäste, die damit durch den Groden chauffiert werden. Aber auch mit den Rollstühlen ist der Weg bis zum Bohlenweg kein Problem.

Es ist Flut. Das Wasser steht fast bis zum Rand des Bohlenwegs. Trotz Wind und Wolken ist es dort wunderschön. Wir sehen viele Vögel, die wir zwei Tage zuvor im Nationalparkhaus-Museum kennengelernt haben. Einige Gäste und Reisebegleitungen sehen tatsächlich, wie eine Robbe ihren Kopf aus dem Wasser streckt. Näher können wir der Natur nirgendwo kommen.

Eine Stunde ist für den Spaziergang eingeplant und die benötigen wir auch, um entspannt hin und zurückzugehen und den Blick schweifen zu lassen. Etwas mehr Zeit hätte nicht geschadet, aber das Mittagessen ruft bereits.

Mein Fazit: Natur für alle

Im Langwarder Groden gibt es ein Naturerlebnis für alle Menschen, egal ob jung oder alt, ob fit oder eingeschränkt. Ein Besuch zu unterschiedlichen Zeiten lohnt sich, um Ebbe und Flut zu sehen und die Vögel zu beobachten. Die Auszeichnung zum Naturwunder des Jahres 2024 hat er auf jeden Fall verdient. Wir kommen gern wieder!

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