Inklusion beginnt beim inneren Schalter - nicht bei der Rampe
Manche haben ihn sofort vor Augen: den unsichtbaren Schalter in uns. Er legt sich automatisch um – je nach Gegenüber, je nach Stimmung im Raum. Wir schalten auf angepasst, freundlich, unauffällig. Funktionieren statt fühlen. Ein Phänomen, das vor allem viele Frauen kennen. Über Jahre gelernt, oft früh im Leben: Sei brav, stör nicht, sei lieb.
Aber dieser Schalter ist kein „Frauenproblem“. Er wirkt auch ganz anders – und genauso tief – bei Menschen mit Behinderung. Vielleicht sogar noch konsequenter.
Denn wer als behindert gilt, wird gesehen. Und gleichzeitig übersehen. Gesehen wird die Abweichung vom „Normalen“. Übersehen wird das Menschsein dahinter. Was folgt: ein innerer Druck, nicht noch mehr aufzufallen. Nett sein. Dankbar sein. Bloß nicht unbequem werden.
Auch ich kenne das. Ich nenne es das Pflegeleicht-Syndrom. Der Schalter in mir sagt: „Lächeln! Zeig dich stark! Mach’s den anderen leicht, dich zu mögen.“ Und manchmal höre ich sogar innerlich: „Sei die nette Behinderte.“
Wie frustrierend. Wie entmündigend. Und wie vertraut.
Denn dieser Schalter ist ein Überlebensmechanismus. Er hilft uns, durchzukommen. Aber auf Dauer nimmt er uns das Wichtigste: den Kontakt zu uns selbst. Zu dem, was wir wirklich denken, fühlen, wollen.
Erkennen ist der erste Schritt. Der zweite? Innehalten. Spüren und sich fragen: Was brauche ich? Was will ich? Was lasse ich heute nicht mehr mit mir machen?
Behinderung wird noch zusätzlich gemacht – durch Erwartungen, Rollen und unausgesprochene Regeln. Und der innere Schalter? Ist ein Produkt davon.
Doch: Wir dürfen neu wählen. Uns neu aufstellen. Uns erlauben, unbequem zu sein. Echt zu sein. Wir können den inneren Schalter nutzen und neu ‘programmieren’.
Denn: Selbstbestimmung beginnt nicht beim Umgang mit einem Hilfsmittel. Sondern beim inneren Schalter.
Und ja – da geht noch was.