WRUMM-WRUMM-BUMM-BUMM-BANG-BANG
FILM-KRITIK
Hoppala! Eigentlich wollten wir euch natürlich pünktlich zu den heißen drei Kinostarts der vergangenen Woche unsere queer reviews direkt zum 26. Juni 2025 auf die Rennbahn bangen. Aus gesundheitlichen Gründen klappte das leider nicht. Insofern gibt es heute immerhin noch drei Kurzkritiken zu Filmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die, ähnlich wie in unserem Vierer kürzlich (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), doch eines verbindet…

…und ja: Kurzkritik bedeutet bei uns immer noch so um die 3.000 Zeichen pro Text.
F1 – THE MOVIE
Auf heißen Reifen kommt das Sport-Drama oder auch der zweieinhalbstündige Werbespot F1 – The Movie angerast. Und was soll ich sagen: Die Jerry-Bruckheimer-Produktion von Regisseur Joseph Kosinski nach einem Drehbuch von Ehren Kruger, bietet genau das, was mensch bei einem solchen Gespann erwarten würde: Knallige Unterhaltung mit reichlich Product-Placement, vielen Cameos, heißer Musik und einigem Pathos.

Dabei bringt die Story um den alternden Lone-Wolf-Rennfahrer Sonny Hayes (Brad Pitt), der vom ehemaligen Best Buddy Ruben Cervantes (Javier Bardem) dazu überredet wird, dessen Formel 1-Rennstahl APXGP beizutreten, da er diesen zu verlieren droht, nicht viel Neues. Skeptisch beäugt wird Draufgänger Sonny dabei vor allem von Teamchef Kaspar Smolinski (huzzah: Kim Bodnia), der Technikchefin Kate McKenna (Cheerio: Kerry Condon) sowie seinem Team-“Partner“ Joshua Pierce (one to watch: Damson Idris), der vor allem Sorge hat, dass der Glücksspieler Sonny ihm den Platz der #1 streitig macht.
Nun ist dieser Platz nicht viel wert, wenn du noch nie gewonnen hast oder wenigstens einmal die Top-Ten gekommen bist. Mit anderen Worten: Auto nicht so dolle, Fahrer zu arrogant, Stimmung eher mies, Kohle alle. Beste Voraussetzungen für eine Underdog-Story nach Schema F. Was dieser F1-Film definitiv ist. Wir sehen sämtliche Versatzstücke, die in so ein Rennen gehören: Der (heimliche) Held muss überredet werden, es gibt zunächst Antipathie in der Crew, ein Love-Interest, mehr als eine dramatische, lebensbedrohliche Situation, einen Saboteur, eine Wiederkehr, einen bombastisch-gefühligen Hans-Zimmer-Score, pulsierende Pop-Rap-Rock-Musik, etc. pp.

Doch im Gegensatz zu manch einem dieser Hochglanz-Emotions-Pornos bietet F1 – The Movie durchaus einige Freude. Solange mensch bereit ist, den Film als das zu nehmen, was er ist. Vorhersehbar, dabei aber trotz der Laufzeit kurzweilig. Voller Klischees, dabei aber mit Augenzwinkern. Vor allem die – teils sehr unsportlichen – Rennszenen auf bekannten Strecken sehen gut aus und die diversen Rennfahrer, die mal mehr, mal weniger kurz im Bild zu sehen sind, überzeugen und sind natürlich vor allem für Fans ein toller Service (die immerhin genug Geld ausgeben werden, um den Film im Kino - für das er gemacht ist - zu sehen) und für manch andere schlicht Eye Candy (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Dass das große Finale im Warner Bros.-Apple-Film den geldverliebten, Menschen dafür eher verachtenden Standort Abu Dhabi (Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate) so wunderbar präsentiert, stößt mir/uns natürlich ein wenig sauer auf. Dort gibt‘s aber nun einmal den Abu Dhabi Grand Prix. (Außerdem dürfte einiges an Geld von dort geflossen sein. Ziel der Gegend ist es bekanntermaßen offener zu wirken, noch mehr Touristen anzuziehen und auf globaler Bühne nach außen sehr westlich aufzutreten.)

Dessen unbenommen ist F1 – The Movie durchaus nettes Popcorn-Kino (auch für jene, die mit der Formel 1 sonst nicht viel anfangen können - hey), das solide zum Sommer passt. Zudem mal ein Bruckheimer-Film, der DIESE EINE FRAU wenigstens nicht schlecht behandelt. Alle machen Fortschritte, das ist doch was.
F1 – THE MOVIE ist seit dem 26. Juni 2025 im Kino zu sehen; Laufzeit ca. 156 Minuten; FSK: 12
https://www.youtube.com/watch?v=8yh9BPUBbbQ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)M3GAN 2.0
Eine halbe Stunde kürzer, „dank” eines Plots, der allzu sehr Kabelsalat ist, allerdings gefühlt ein Stück weit länger. Wie so oft gilt das vor allem für den Mittelteil von M3GAN 2.0 (aka MEGAN 2.0), dem Nachfolger des Überraschungshits M3GAN von Gerard Johnstone (Regie) und Akela Cooper (Drehbuch und gemeinsam mit James Wan Storykonzept). Für diesen zweiten Teil, der zwei Jahre später spielt, sitzt Johnstone nun gänzlich an den Schaltern, wenn Akela auch die Idee mit ihm entwickelte.

Erneut treffen wir auf die Wissenschaftlerin/Ingenieurin Gemma (Allison Williams) und ihre auch hier nicht minder enervierende Nichte Cady (Violet McGraw). Natürlich fehlt auch die hochentwickelte Roboter-KI M3GAN (Amie Donald, Stimme: Jenna Davis) im zweiten nach ihr benannten Teil nicht. Wenn sie zunächst auch totgeglaubt bleibt. Dafür muss sich die Welt nun mit AMELIA befassen. Einer neuartigen, super-duper tödlichen, mega intelligenten Roboter-Kampfwaffe von der US-Army erfunden. Die macht sich allerdings leider lieber selbstständig (ist derzeit ein guter Markt für Kampf- und Killermaschinen) und verfolgt eigene Ziele...
...welche das genau sind, bleibt bis zum Ende und im Grunde auch darüber hinaus unklar. Oder es spielt keine Rolle, da es so viele Twists and Turns, eine Menge neuer Gimmicks, schneller Seitenwechsel und -hiebe und nicht zuletzt zahlreicher (vermeintlich) Toter wie ebenfalls einen bräsigen FBI-Agent, der nur für die Nackte Kanone gedacht sein kann, gibt.

M3GAN 2.0 hat in der Tat von allem mehr. Fokussiert sich nicht auf das schwierige, durchaus unterhaltsame Dreiecksverhältnis von Gemma, Cady und M3GAN, dafür gleich einmal auf so etwas wie die Weltherrschaft. Da lässt zuweilen ein War Games-williger Terminator grüßen und ein wenig Mission: Impossible (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) scheint auch noch drin zu sein. Der Humor erinnert an den oben erwähnten Klamauk-Klassiker (im Sommer kommt ein Remake mit Liam Neeson in die Kinos) oder den spaßigen Back in Action und manch einen Cartoon à la Solar Opposites. Wenn diese zweite M3GAN auch weniger garstig respektive hintergründig daherkommt als die Solars oder auch nur der erste Teil (hach, dieses schlimme Gör, dem es da an die Ohren geht...).

Zudem ist der mit Situationskomik gepaarte Horror von Version 1.0 quasi raus. Statt Horror gibt es eher Thrill- und Fantasy-Elemente sowie reichlich Action (die Choreografien bringen Spaß) und noch mehr Vorhersehbarkeit. Ist der Film also gut? Meh, geht so. Doch bietet er ausreichend Unterhaltung und dient durchaus der Entschlackung unserer teils überfüllten Gehirne (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Zumal mit einem kühlen Bier oder Sekt im Kino auch die Hitzewelle nicht allzu arg drückt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Das scheinen die potenziellen Zuschauer*innen bisher allerdings nicht sonderlich zu schätzen: Hatte der erste Film bei einem Budget von etwa 12 Millionen US-Dollar über 180 Millionen US-Dollar eingespielt, tut sich der Semi-Sci-Fi-Nachfolger nach dem ersten Wochenende eher schwer und kommt mit um die 17 Millionen US-Dollar an Einnahmen bisher noch nicht einmal an die Gewinnschwelle.
Nun, wir meinen: Ein wenig nach oben darf es noch gehen. Zumal sich ein abschließender dritter Teil anbietet. Entweder etwas sortierter oder ein völlig abgedrehter Crash-Spaß-Film.
M3GAN 2.0 ist seit dem 26. Juni 2025 im Kino zu sehen; Laufzeit ca. 120 Minuten; FSK: 16
https://www.youtube.com/watch?v=IYLHdEzsk1s (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)DIVA FUTURA
„Wir sind amoralisch, nie unmoralisch“ - Riccardo Schicchi in DIVA FUTURA
Hatten wir in den Filmen eins und zwei auch jeweils die Ziffer im Titel, klappt das mit unserem dritten Film leider nicht. Dafür tauchen hier immerhin der bei F1 angesprochene Porno und einige Püppchen auf. Wobei, nein, das stimmt nicht! Das ist eine Sexismus-Mainstream-Lüge, saturierter Spieß-Rezensent*innen mit heimlichen Hobbies. Denn Püppchen gibt es in Giulia Louise Steigerwalts DIVA FUTURA, der die Geschichte der gleichnamigen legendären italienischen Erotikschmiede und ihres Gründers Riccardo Schicchi erzählt, im Grunde keine.

Ebenso ist der Film, wie wir meinen, nicht die europäische Antwort auf BOOGIE NIGHTS, wie es u. a. der Verleih Busch Media Group ankündigt. Also sicherlich geht es um Porno und Erotik, Auf- und Abstieg, sowie den Charme manch subversiver Ideen der Zeit um die 1970er- bis 1990er-Jahre. Allerdings ist DIVA FUTURA weit weniger derb und setzt zudem kaum auf lautes Drama, harte Zusammenbrüche oder Sex'n'Drugs-Exzesse. Was auch daran liegen mag, dass der Film auf dem autobiografischen Roman Non dite alla mamma che faccio la segretaria („Sag Mama nicht, dass ich eine Sekretärin bin“) von Riccardo Schicchis ehemaliger Assistentin Debora Attanasio beruht. Wäre für einen Filmtitel sicherlich etwas sperrig gewesen...

Gespielt werden die zwei von den gefeierten, preisgekrönten und charismatischen Schauspieler*innen Pietro Castellitto (Schicchi) und Barbara Ronchi (Attanasio). Ergänzt wird der Cast von den brillant aufspielenden Tesa Litvan als Model Éva Henger, die als (Ex-)Partnerin lange an der Seite Riccardos bleibt, Lidija Kordic als Ilona Staller alias Cicciolina, die bis heute eine nicht minder ikonische Figur in der Erotikwelt ist. Ein besonderes Highlight ist Denise Capezza als Moana Pozzi, die lebenslang darum kämpfte, auch abseits der freizügigen Rollen sowohl in Filmen wie auch in der Politik ernst genommen zu werden und scheiterte. Für uns die faszinierendste und vielschichtigste Figur in DIV A FUTURA .
„Es war die Geschichte einer großen Illusion - mit der Abkürzung über die Pornobranche zu Divas zu werden und auf einen Schlag erfolgreich – nur um dann von der gleichen Gesellschaft, die sie begehrt und berühmt gemacht hatte, missbilligt, kritisiert und abgelehnt zu werden. Und zwar, weil dieses Begehren geheim und heimlich ist und nur akzeptiert wird, wenn es auch so bleibt. Diese Fantasien zu befreien und ans Tageslicht zu bringen war letztendlich inakzeptabel.“ Regisseurin und Autorin Giulia Louise Steigerwalt
Mit diesem Zitat ist im Grunde der Kern sowie der Anspruch des Films beschrieben. Die Handlung konzentriert sich dabei in der ersten Stunde auf die genannten Personen. So werden die drei respektive vier Frauen episodenhaft eingeführt. In der zweiten, etwas flotteren Hälfte sehen wir dann, wie Wunsch und Wirklichkeit, Traum und Business miteinander kollidieren und letztlich die Härte und Gewalt, die Romantik und alles Softe auffrisst.

Es wechseln sich dunkler Humor und gefühlvolle Dramatik, Sexyness und Charakterentwicklung ab. Dass die deutsche Synchronisation recht gelungen ausfällt ist wunderbar. Funktionieren so doch Sätze wie jener bestens und ohne Peinlichkeit, dafür mit charmanter Verve: „Sex hat mir schon immer gefallen, so lange ich ihn mir aussuchen konnte.“ In sehr vielen Dialogen wie Off-Kommentaren (der Film wird primär von Debora Attanasio erzählt) steckt mehr, als es im ersten Moment erscheinen mag. Das macht ihn nicht nur zu einem “historischen” Film über das neue Porno-Business Italiens, sondern ebenso zu einer äußerst zeitgemäßen Erzählung.

Eine stilvolle Kamera von Vladan Radvic und schicke Retro-Musik von Michele Braga runden die aktuelle Zeitreise im Stil ab. Viel Charme und alle Teile am rechten Fleck geben die Substanz für diesen Film voller Herz und Chuzpe – trotz einiger Längen zu Beginn – und machen DIVA FUTURA, der seine Weltpremiere auf der Biennale in Venedig, wo er für den goldenen Löwen nominiert war, feierte, zu einem der speziellsten Filme zumindest dieses Sommers, wenn nicht des Jahres. Zumal er in Zeiten, in denen Borniertheit, Kulturkämpfe und Aggressivität wieder en vogue sind, ein wichtiges Zeichen setzen kann.
DIVA FUTURA ist seit dem 26. Juni 2025 im Kino zu sehen; Laufzeit ca. 125 Minuten; FSK: 16
https://www.youtube.com/watch?v=47QYRYhGWGc (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)PS: Ein wenig härter darf es sexuell schon zugehen - natürlich einvernehmlich.
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