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DIESER UNSTILLBARE HUNGER

FILM-KRITIK - [Enthält leichte Spoiler zum Verlauf der Handlung + Review zu Die Schlümpfe: Der große Kinofilm am Texteende.]

Uiuiui! Sie sind zurück auf großer Bühne! Die Fantastischen Vier in neuem Gewand, doch mit altem Flair und solide stimmungsvoll. Gemeint sind allerdings nicht Fanta 4, sondern Fanta Four, also die Fantastic Four. Als zweites Reboot der Filmreihe und insgesamt 37. Marvel-Film, unternehmen sie erste Schritte in Phase sechs des Marvel Cinematic Universe, das wiederum Teil der Multiverse-Saga ist. Passend lautet der komplette Titel des Superheld*innen-Films The Fantastic Four: First Steps.

Die Fantastic Four auf einer Plattform im Film THE FANTASTIC FOUR: FIRST STEPS
Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Dies gilt im unterhaltsamen Stück im besten, leicht modernisierten Swinging-But-Conservative-Sixties-Look im Mehrfachsinn. Nicht nur läutet er die nächste MCU-Phase ein, sondern er ist auch der erste Marvel-Film von Matt Shakman, der als Serien-Regisseur unter anderem für Fargo und The Good Wife von sich reden machte und für Regie und Produktion der MCU-Miniserie WandaVision verantwortlich zeichnete. Außerdem ist der Silver Surfer erstmals eine DIE Silver Surferin, verkörpert von Julia Garner. UND Sue Storm / The Invisible Woman (Vanessa Kirby, Eden – unsere queer review gibt es in Kürze) plus Gatte Reed Richards / Mister Fantastic (Pedro Pascal, alles Mögliche, das ihr zuletzt sehen wolltet) bekommen ein Kind, das sie Franklin nennen und möglicherweise eine Art Messias ist.

So jedenfalls deutet es der von Josh Friedman, Eric Pearson, Jeff Kaplan und Ian Springer (um)geschriebene Film immer mal wieder an. Zunächst noch während der Schwangerschaft, als die Fantastic Four, neben den zwei Genannten noch Ben Grimm / The Thing (Ebon Moss-Bachrach, The Bear) und Johnny Storm / The Human Torch (schleck: Joseph Quinn, Gladiator II, WARFARE (Öffnet in neuem Fenster)), mal fix eine intergalaktische Reise zum Bösewicht Galactus (Stimme im Original von Ralph Ineson) antreten. Ihn wollen sie überreden, nicht wie von Silver Surfer angekündigt, die Erde aka Earth-828 zu verschlucken.

Vier besuchen Galactus // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Dies hat der sehr große, sehr dunkelgraue und recht grimmige Galactus schon mit dem einen oder anderen Planeten gemacht. Eine der zerstörerischen Mahlzeiten können die Fantastic Four plus dem Sklaven... uhm... Hilfe-Roboter H.E.R.B.I.E (Humanoid Experimental Robot B-Type Integrated Electronics) live und in Farbe bei Ankunft verfolgen. Jedenfalls schlägt Galactus dem gespannten Gespann vor, die Erde zu verschonen, wenn sie ihm das zu erwartende Kind überlassen, denn diese könne ihn nach Milliarden von Jahren endlich zur Ruhe kommen lassen. WTF?!?!

Größe zeigen: Galactus auf Gegenbesuch auf der Erde // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Diesen Deal schlagen die egoistischen Vier aus, was nach ihrer Rückkehr auf die Erde prompt für Verstimmung sorgt. Sollen sie doch ihr eines Kind opfern, um den Rest der ach so schützenswerten Menschheit zu retten. Da haben wir sie wieder: Die Debatte um Verhältnismäßigkeit und darum, welcher Schutz bzw. welche Gruppe welches Opfer rechtfertigt. Das ist spannend, wird im Film allerdings nur gestreift. Eher kann uns noch die Selbstverständlichkeit schockieren oder bestätigen, mit welcher die Erden- und vor allem US-Bürger*innen ihre eben noch so gefeierten Held*innen dissen, wenn die nicht das Neugeborene hergeben.

Müssen ihre Gehirne ganz schön stretchen: Reed Richards / Mister Fantastic (Pedro Pascal) und Sue Storm / The Invisible Woman (Vanessa Kirby) // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Dass Mutter Sue sich hier an einer Stelle hinstellt, und den Pöbel mit zugewandten und so verständnisvollen wie pathetischen Worten beruhigt, nötigt mir einiges an Respekt ab. An deren Stelle hätte ich gesagt: „Ey, Leute, was soll's? Wir haben Superkräfte, sind schlau und sexy, haben einen Roboter und ein Space Shuttle. Lasst uns reinhauen und einen anderen Planeten finden. Vielleicht was gänzlich neu bevölkern?! Johnny packen wir noch ein, zwei Spiegefährt*innen ein, nicht dass er mit der Verwandtschaft schlafen muss und alle irgendwann aussehen wie manch ein irdisches Adelsgeschlecht. Und los geht's!“

Silver SurferIn (Julia Garner) // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Dann wiederum kann ich ohnehin nicht verstehen, warum Superheld*innen und manch Mensch sich für das Gros der Menschen aufopfert, die letztlich im von ihnen geschaffenen Anthropozän so solide selbstzerstörerisch unterwegs sind, dass sie freundlicherweise gleich Flora und Fauna sowie einen Großteil der Vernunft mit ins Verderben reißen. Dass die Expert*innen der International Commission on Stratigraphy den Begriff als Bezeichnung einer neuen geochronologischen Epoche ablehnen, bedeutet noch lange nicht, dass wir als „neue Menschen“ nicht alles Negative zu erfüllen verstehen, das mit diesem Begriff in Verbindung gebracht wird. Oder um mit einem früheren Gespielen zu sprechen: Schön blöde.

Gute Figur, auch ohne Feuer: Johnny Storm / The Human Torch (Joseph Quinn) // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Egal. Wo war ich? Ach ja: The Fantastic Four: First Steps. Matt Shakman liefert solide Kost ab und spart sich eine lange Origins-Story, investiert die Zeit lieber in Spannungsaufbau und manch lustigen Spruch. Die Bilder von Kameramann Jess Hall (ebenfalls WandaVision) überzeugen und der Schnitt von Nona Khodai und Tim Roche kann sich so gut sehen wie die Musik von Fantasy-&-Action-Spezialist Michael Giacchino hören lassen. Das Szenenbild von Kasra Farahani (Loki) sowie die Kostüme von Alexandra Byrne, die bereits reichlich Marvel- und Historienfilm-Erfahrung hat, sind fantastisch und es würde mich wundern, wenn es nicht die eine oder andere Oscar-Nominierung gäbe.

Hübsch häuslich: Ben Grimm / The Thing (Ebon Moss-Bachrach) und H.E.R.B.I.E. // Copyright 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL

Die Besetzung passt – endlich! Nach jener aus den seltsam blassen Filmen der Nullerjahre und der aus dem vergessenen Grauen, des 2015 erschienenen Reboots, das zurecht mit reichlich Goldenen Himbeeren prämiert wurde, ist das ein kleines Fest. In dieser Hinsicht jedenfalls scheint Disney den Marvel-Verfilmungen durchaus gutzutun. In Nebenrollen erfreuen uns Sarah Niles als Lynne Nichols, CEO der Future Foundation (und aktuell noch als Stabschefin zu erleben (Öffnet in neuem Fenster)), Natasha Lyonne als Rachel Rozman, Lehrerin und Bens Love Interest, Paul Walter Hauser als Harvey Elder / Mole Man, Chef von Subterranea, sowie der umtriebige Mark Gatiss als Talk Show-Host Ted Gilbert.

https://www.youtube.com/watch?v=I9tRIN4GnQQ (Öffnet in neuem Fenster)

Kurzum: Nach dem Captain America: Brave New World-Debakel und dem mutigen, aber überladenen und unentschlossenen Thunderbolts zum Ende der fünften MCU-Phase, wird uns mit The Fantastic Four: First Steps eine starke Vorspeise für Phase sechs kredenzt. (Es folgen Spider-Man: Brand New Day sowie Avengers: Doomsday, in dem wir den Vieren erneut begegnen, und Avengers: Secret Wars.) Zudem ist es wirklich ein Familienfilm, der solide generationenübergreifend unterhält.

AS

PS: Im Film wird irgendwas fälschlicherweise als Neutronenstern bezeichnet. Ist aber was anderes, wie mir jemand nach der Vorstellung erläuterte. Was, das habe ich vergessen. Außerdem scheinen schwarze Löcher und Co. derzeit In (nicht „inne (Öffnet in neuem Fenster)“) zu sein. Nach SUPERMAN (Öffnet in neuem Fenster) wird auch hier etwas verschluckt bzw. in eine lange Kaffeepause geschickt.

https://steady.page/de/thelittlequeerreview/posts/c0a6e017-c3e8-47a2-8090-b5f9e2beda9e (Öffnet in neuem Fenster)

PPS: Ebenfalls wird kino-exklusiv vor den The Fantastic Four: First Steps-Vorführungen der erste Trailer zu Avatar: Fire and Ash (aka Avatar 3) gezeigt. Mit dem konnte ich so gar nichts anfangen. Allerdings habe ich den zweiten Avatar: The Way of Water bisher nicht gesehen. Jaja, Feuer und Asche auf mein begossenes Haupt. So oder so, die Verknüpfung ergibt Sinn, kommen doch beide Filme von Konzernriesen Disney.

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The Fantastic Four: First Steps startet am 24. Juli 2025 im Kino. Laufzeit ca. 115 Minuten; FSK: 12

VERSCHLUMPFT UND ZUGESCHLUMPFT

Apropos „Blau“: Mit Die Schlümpfe – Der große Kinofilm ist die wunderbare Farbe gerade solide vertreten im Sommerkino. Allerdings ist der eher uninspirierte, größtenteils unlustige und trotz nicht einmal neunzig Minuten Laufzeit arg langatmige, von Chris Miller inszenierte und Pam Brady geschriebene Smurfs eher zum Blaumachen als Blaulachen. Zwar sieht einiges im definitiv für 3D gemachten Computer-Animationsfilm stark aus, doch trägt das nicht den ganzen Film. Die Musik des „Musicals“ ist ein eher dröge – ob im Original oder der deutschen Synchronisation (warum manche Namen im Englischen bleiben, andere eingedeutscht werden, ist ebenso ein Rätsel). Immerhin lässt die erste Musik-Tanz-Nummer kurz ein nordkoreanisches Wohlgefühl aufkommen… 🤨

Sorgi, Moxie, Hefti, Schlumpfine, Kein Name, Beauty und Muffi in DIE SCHLÜMPFE: DER GROSSE KINOFILM von Paramount Animation // Smurfs™ & © PEYO - 2025 Lic. Lafig B./IMPS © 2025 Par. Pics.

Die Handlung ist... da. Irgendwie. Papa Schlumpf (John Goodman/Uwe Ochsenknecht) wird entführt und die Blauen müssen sich angeführt von Schlumpfine (Rihanna/Patricia Meeden) und Kein Name (James Corden/Álvaro Soler) mit Erzfeind Gargamel verbünden, um dessen boshaften Bruder Razamel (beide J. P. Karliak/Rick Kavanian) zu besiegen, der die Welt noch bösererer machen will, als sie es ohnehin schon ist. Eine semi-solide Moral kommt zwar rüber, doch leider fehlt der Nummer beinahe jeder Charme. Es gibt Kängurus, die vermutlich gerade bei Lilly und die Kängurus Drehpause hatten, einen schlechten Podcast-Witz, einen öden Schildkröten (Öffnet in neuem Fenster)-Running-Gag usw. usf.

Cool, immerhin: Mama Poot in DIE SCHLÜMPFE: DER GROSSE KINOFILM von Paramount Animation // Smurfs™ & © PEYO - 2025 Lic. Lafig B./IMPS © 2025 Par. Pics.

Bezeichnend war die Stille während der Vorführung. Erwartet mensch doch, dass so ein Film wenigstens die (reichlich anwesenden) Kinder mitnimmt. Bis auf vereinzelte Momente tat er das allerdings nicht, die so genannten Erwachsenen ebenso wenig. Dass ein SpongeBob Schwammkopf-Kurzfilm zuvor in wenigen Minuten für mehr Begeisterung und Beteiligung sorgte, als die Schlümpfe in achtzig Minuten, spricht Bände. (Zu Weihnachten kommt SpongeBob Schwammkopf: Piraten Ahoi! in unsere Kinos.)

https://www.youtube.com/watch?v=1XA_at5-DfA (Öffnet in neuem Fenster)

Womöglich macht der farbintensive Film berauscht Spaß (Öffnet in neuem Fenster)? Sei's drum. Wie sagte Denis Scheck vor einiger Zeit über ein Hype-Buch-Genre? „Drachenscheiße bleibt Drachenscheiße.“ In diesem Sinne: „Schlumpfscheiße bleibt Schlumpfsch...“

AS

Smurfs™ & © PEYO - 2025 Lic. Lafig B./IMPS © 2025 Par. Pics.

Die Schlümpfe: Der große Kinofilm ist seit dem 17. Juli 2025 im Kino zu sehen. Laufzeit ca. 92 Minuten; FSK: 0

Kategorie Film & Serie

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